VersR REPORT: Ausgewählte neue Rechtsprechung zur Personenversicherung

Im Folgenden werden Entscheidungen aus dem Jahr 2023 zur Personenversicherung vorgestellt. Im Vordergrund steht dabei die Rechtsprechung des BGH und der OLG.

I. Lebensversicherung

1. Widerspruchs- und Widerrufsrecht des VN

Zahlreiche Entscheidungen beschäftigten sich mit dem Widerspruchs- oder Widerrufsrecht des VN nach § 5a VVG a.F. bzw. §§ 8, 9 VVG und dessen Begrenzung nach § 242 BGB. Für die Einzelheiten wird auf den Bericht zum Allgemeinen Teil des VVG verwiesen (Wandt, VersR 2023, 218, 220 ff.).

2. Bezugsberechtigung

a) Nach Ansicht des BGH (Urt. v. 22.3.2023 – IV ZR 95/22, VersR 2023, 703) gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags stets auch den Widerruf einer Bezugsberechtigung auf den Todesfall enthalte. Das Gericht müsse vielmehr im Einzelfall durch Auslegung nach §§ 133, 157, 242 BGB ermitteln, ob der Widerruf in der Kündigungserklärung konkludent enthalten sei. Dies soll auch dann gelten, wenn der VN die Kündigungserklärung mit einem Auszahlungsbegehren an sich selbst verbunden hat. Der Gehalt der Erklärung des VN könne sich in einem solchen Fall auch darauf beschränken, dass er den Vertrag zum nächstmöglichen Termin beendet wissen und den „Restbetrag“ überwiesen bekommen möchte.

b) Der BGH (Beschl. v. 17.5.2023 – IV ZR 344/22; Beschl. v. 20.9.2023 – IV ZR 344/22, VersR 2023, 1567) hat entschieden, dass ein in einem Versicherungsvertrag vorgesehenes Bezugsrecht zu Gunsten der gesetzlichen Erben der versicherten Person dem Fiskus als gesetzlichem Erben gem. § 160 Abs. 4 VVG nicht zusteht. Der Ausschluss des Fiskus von einem Bezugsrecht führe aber nicht dazu, dass der Fiskus generell keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung habe. Diese gehöre vielmehr zum Nachlass, der wiederum dem Fiskus als gesetzlichem Erben zufalle. § 160 Abs. 4 VVG solle lediglich verhindern, dass der Fiskus die Versicherungsleistung an den Nachlassgläubigern vorbei erwirbt. Im konkreten Fall konnte der Versicherer sich aber auf die Einrede der Verjährung berufen. Der BGH hat dabei im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kenntnis des Nachlasspflegers als gesetzlichen Vertreter der Kenntnis des Fiskus als Erben und Anspruchsgläubiger gleichgesetzt.

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VersR REPORT: Aktuelle Rechtsprechung zur Haftpflichtversicherung

I. Allgemeine Haftpflichtversicherung

1. Verjährung

Zur Verjährung des Deckungsanspruchs hat das KG (Hinweisbeschl. v. 13.1.2023 – 6 U 191/21; Zurückweisungsbeschl. v. 31.3.2023 – 6 U 19, VersR 2024, 24) geurteilt, dass die Hemmung der Verjährung durch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gem. § 204 BGB lex specialis zu § 203 BGB ist (Hemmung durch Verhandlungen). Im vorliegenden Fall ging es um Haftpflichtansprüche aus dem Jahr 2008, deren Deckung der Versicherer gleich zweimal zurückwies, einmal schon 2009 und dann erneut 2012. Zwischendurch hatte der VN geklagt, das Verfahren war aber zum Ruhen gebracht worden. Die Hemmung der Verjährung durch den Prozess endete dann aber 6 Monate nach dem Beschluss des LG, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, § 204 Abs. 2 S. 3 BGB. Die sodann erneut laufende Verjährungsfrist wurde durch die zwischenzeitlich aufgenommenen Vergleichsverhandlungen nicht erneut durch § 203 BGB ein zweites Mal unterbrochen. Der Kl. habe es selbst in der Hand gehabt, die Verjährung wieder zu unterbrechen, indem er das Verfahren weiterbetrieben hätte.

2. Vorsatz

Ein VN, der nach einer verbalen Auseinandersetzung im Straßenverkehr einem erkennbar schwerbeschädigten Verkehrsteilnehmer (spastische Lähmung der rechten Seite) in den Rücken schlägt und diesen dadurch zu Fall bringt, nimmt regelmäßig dessen schwere Gesundheitsbeschädigung in Kauf mit der Folge, dass sich sein Haftpflichtversicherer auf den Leistungsausschluss des Vorsatzes berufen kann (OLG Dresden, Beschl. v. 29.6.2023 – 4 U 2626/22). Voraussetzung dafür ist bekanntlich, dass der VN nicht nur die Tathandlung vorsätzlich begangen hat, sondern auch die Folgen dieser Tat zumindest billigend in Kauf genommen hat. Das OLG weist zwar darauf hin, dass ein Stoß in den Rücken des Geschädigten „im Regelfall“ eher nicht zu einer schweren Verletzung führen kann; hier aber habe der VN selbst angegeben, er habe gemerkt, dass mit seinem Kontrahenten „etwas nicht in Ordnung“ sei, was eine Bejahung der vorsätzlichen Herbeiführung auch der Handlungsfolgen rechtfertige.

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OLG Frankfurt/M.: Versicherungsschutz für Hundebiss

Tierhalterhaftpflichtversicherungen können wirksam ihre Deckungspflicht für Ansprüche ausschließen, bei denen der Schaden durch „bewusstes Abweichen von der Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen oder Anordnungen“ verursacht wurde. Da im zu entscheidenden Fall jedoch keine bewusste Pflichtverletzung nachgewiesen wurde, verurteilte das OLG Frankfurt/M. mit heute veröffentlichter Entscheidung die verklagte Haftpflichtversicherung, für die Folgen eines Hundebisses einzustehen. Weiterlesen…

Peter Sohn, Architektenhaftung – Grundstrukturen in Haftpflicht und Deckung

Grundstrukturen in Haftpflicht und Deckung unter Berücksichtigung des neuen Bauvertragsrechts: Das neue Bauvertragsrecht gilt für alle Verträge, die ab dem 1.1.2018 geschlossen werden. Daher widmet sich die Neuauflage dieses erfolgreichen Buchs dem Thema der Architektenhaftung noch einmal unter neuen Aspekten. Weiterlesen…