OLG Nürnberg: Unterbringung in ungeeigneter Einrichtung rechtfertigt Schadensersatz nach Art.5 Abs.5 EMRK

Das OLG Nürnberg folgt der Rechtsprechung des EGMR und hat einem Kl. der wegen psychischer Krankheit statt in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht war, eine Entschädigung zugesprochen.

Tatbestand:

Der Kl. wurde im Oktober 1999 durch das LG Regensburg wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Seit dem 18.7.2008 war der Kl. in der Sicherungsverwahrung untergebracht. Diese wurde zunächst in der JVA Straubing und seit dem 21.6.2013 in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte in Straubing vollzogen. Der Kl. ist der Auffassung, dass die Unterbringung rechtswidrig sei und hat erstinstanzlich vom Freistaat Bayern Entschädigung in Höhe von 44.500 Euro € verlangt und die Feststellung beantragt, dass ihm weiterer Schadensersatz für die Zukunft zustehe. Das LG Regensburg hat die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen:

Nach Auffassung der Zivilkammer lagen die vom BVerfG geforderten strengen Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung vor. Dass der Kl. bis zu seiner Verlegung in die Einrichtung für Sicherungsverwahrte in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht gewesen sei, führe für sich genommen nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach Art.5 EMRK.
Gegen dieses Urteil hat der Kl. teilweise Berufung eingelegt und verlangt nunmehr noch die Zahlung von 28.000 Euro € Schadensersatz für den Zeitraum vom 18.7.2008 bis 21.6.2013.
Der Kl. hat zudem beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde erhoben. Der Gerichtshof hat am 7.2.2017 entschieden, die Sache aus dem Register zu streichen, soweit es um die Sicherungsverwahrung des Kl. im Zeitraum vom 6.5.2011 bis einschließlich 20.6.2013 ging. Denn hinsichtlich dieses Zeitraums hat die Bundesrepublik Deutschland anerkannt, dass Art.5 und 7 der Menschenrechtskonvention verletzt worden seien, da der Kl. in einer Justizvollzugsanstalt und nicht in einer geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik hat sich insoweit zu der Zahlung von 12.500 €Euro verpflichtet.
Das OLG Nürnberg hat dem Kl. auf seine Berufung hin einen Betrag in Höhe von 6.800 Euro€ zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Schadensersatzbetrag deckt den Zeitraum vom 18.7.2008 bis einschließlich 5.5.2011 ab, da dieser im Verfahren vor dem EGMR nicht streitgegenständlich war und von der versprochenen Zahlung der Bundesrepublik nicht umfasst wird. Der Senat folgt der Rechtsprechung des EGMR, wonach die Freiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit nur dann i.S.v. Art.5 Abs.1 S.2e EMRK rechtmäßig ist, wenn sie in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung erfolgt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR und des BVerfG sei der Kl. in dem genannten Zeitraum nicht in einer derart geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen.
Da im Übrigen die strengen Vorgaben des BVerfG für eine Sicherungsverwahrung während des gesamten Zeitraums der Unterbringung vorgelegen hätten, sei nur ein Schadensersatz in Höhe von rd. 200 Euro€ pro Monat – statt der im Regelfall vom EGMR angesetzten 500 Euro€ pro Monat – angemessen.
Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.

OLG Nürnberg, Urteil vom 12.4.2017 (4 U 1824/16)

Pressemitteilung 12/17 des OLG Nürnberg vom 25.4.2017