BGH: Schadensersatzpflicht des Pächters für die Entstehung von Dauergrünland

Der BGH hat entschieden, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, verpflichtet sein kann, dem Verpächter den Schaden zu ersetzen, der durch die (aufgrund der ununterbrochenen Nutzung als Grünland) europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Bei der Bemessung des Schadens kann allerdings ein Mitverschulden des Verpächters zu berücksichtigen sein.

Sachverhalt:

In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der verstorbene Ehemann der Kl. im Jahr 2000 mehrere Grundstücke „zur landwirtschaftlichen Nutzung“ an den Bekl. verpachtet. In dem Pachtvertrag wurden drei insgesamt ca. 14 ha große Flächen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, mit „A“ für Ackerland gekennzeichnet. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis 30. 9 2012 und sollte sich anschließend jeweils um ein weiteres Jahr verlängern. Bereits bei Übergabe der Grundstücke wurden diese als Grünland genutzt. Auch der Bekl., der Unternehmer ist und sich mit der Haltung und Zucht von Pferden befasst, nutzte sie mit Kenntnis der Verpächterseite über die gesamte Pachtzeit hinweg als Grünland zur Pferdehaltung. Im Jahr 2006 ging das Eigentum an den Grundstücken im Wege der Erbfolge auf die Kl. über. Ebenso wie ihr verstorbener Ehemann ist die Kl. nicht in der Landwirtschaft tätig. Sie beendete das Pachtverhältnis durch Kündigung zum 30. 9. 2013.

Nach der Rechtslage zu Beginn des Pachtverhältnisses durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Seitdem änderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs gewesen sind, unterliegen sie einem landesrechtlichen Umbruchverbot nach der am 13. 5. 2008 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsverordnung (DGL-VO SH) und dem zum 1. 11. 2013 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsgesetz (DGLG SH); dem liegen Vorgaben der EU zugrunde. Zudem liegen die Grundstücke vollständig in einem im Jahr 2006 ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebiet und darüber hinaus teilweise in einem 2010 ausgewiesenen FFH-Gebiet (einem europäischen Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie).

Infolgedessen könnte die Möglichkeit zum Umbruch jetzt nur noch durch den Nachweis von Ersatzflächen in demselben Vogelschutz- bzw. FFH-Gebiet wiederhergestellt werden. Die Kl. verlangt Schadensersatz mit der Begründung, der Bekl. habe der Entstehung von Dauergrünland entgegenwirken müssen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das AG – Landwirtschaftsgericht – hat den Bekl., soweit von Interesse, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 98.052,75 Euro nebst vorgerichtlichen Anwalts- und Gutachterkosten jeweils nebst Zinsen verurteilt. Das OLG hat die Berufung des Bekl. mit dem (u. a. in AUR 2016, 266 veröffentlichten) angefochtenen Urteil zurückgewiesen.

Entscheidung des BGH:

Die von dem OLG zugelassene Revision des Bekl. wies der Senat für Landwirtschaftssachen nun zurück.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass es dem Bekl. rechtlich und tatsächlich möglich gewesen wäre, den Schadenseintritt durch eine rechtzeitige Änderung der Nutzung von Grünland zu Ackerland („Umbruch“) abzuwenden; hierzu war er vertraglich verpflichtet. Zwar hat der Bekl. keine unerlaubte Nutzungsänderung (§ 590 Abs. 2 S. 1 BGB) vorgenommen, weil die Flächen schon bei Übergabe als Grünland bewirtschaftet wurden und er diese Nutzung fortgesetzt hat. Der Pächter ist aber zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet (§ 586 Abs. 1 S. 3 BGB) und hat sie in einem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB). Werden – wie hier – als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland genutzt, entspricht es vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen ordnungsmäßiger Bewirtschaftung, die Ackerlandeigenschaft zu erhalten und die Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abzuwenden.

Der Pächter hat nämlich – soweit es ihm möglich ist – dafür zu sorgen, dass die in dem Pachtvertrag vorausgesetzten Nutzungsmöglichkeiten bestehen bleiben; dazu muss er die Rechtsentwicklung jedenfalls insoweit beobachten, als weitreichende rechtliche Änderungen im Raum stehen, die einen erheblichen Wertverlust der gepachteten Flächen nach sich ziehen können und in landwirtschaftlichen Kreisen allgemein wahrgenommen und diskutiert werden, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Entstehung von Dauergrünland der Fall gewesen ist. Kommt der Pächter der Pflicht zur Vornahme eines rechtzeitigen Umbruchs schuldhaft nicht nach, ist er dem Verpächter dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.

Nicht zu beanstanden ist es ferner, dass das OLG von einem Verschulden des Bekl. ausgeht, während es ein Mitverschulden der Kl. verneint. Allerdings kann ein Mitverschulden des Verpächters in Betracht kommen, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte; in aller Regel wird Letzteres jedoch voraussetzen, dass der Verpächter aktiver Landwirt ist, woran es hier fehlt. Hinsichtlich der Schadenshöhe sind Rechtsfehler nicht ersichtlich.

BGH, Urteil vom 28. 4. 2017 (LwZR 4/16)

Pressemitteilung des BGH Nr. 60 vom 28. 4. 2017