BGH entscheidet über eine Formularklausel betreffend eine bei Gewährung eines Bauspardarlehens zu zahlende „Kontogebühr“

Der XI. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine bei Gewährung eines Bauspardarlehens vom Verbraucher in der Darlehensphase zu zahlende „Kontogebühr“ unwirksam ist.

Sachverhalt:

Der Kl., ein Verbraucherschutzverband, wendete sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine von der bekl. Bausparkasse in den von ihr abgeschlossenen Bausparverträgen verwendete Klausel sowie eine damit korrespondierende Regelung in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) der Bekl., die jeweils eine vom Bausparer in der Darlehensphase zu zahlende „Kontogebühr“ in aktueller Höhe von 9,48 Euro jährlich vorsehen.

Die von der Bekl. vorformulierten Darlehensverträge enthielten u.a. folgende Bestimmung:

„I.1. Bauspardarlehen

  1. b) Kosten des Bauspardarlehens

Über die Zinsen und die Tilgung hinaus fallen bei planmäßigem Verlauf des Bauspardarlehens folgende Kosten an:

Kontogebühr: derzeit je Konto 9,48 Euro jährlich (gemäß ABB) …“

17 Abs. 1 der ABB der Beklagten lautete:

„Die Bausparer bilden eine Zweckgemeinschaft. Ihre Verträge bilden das Bausparkollektiv. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des kollektiven Bausparens berechnet die Bausparkasse für bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse eine Kontogebühr.

Für ein Konto in der Darlehensphase beträgt die Kontogebühr 9,48 Euro. Die Darlehensphase beginnt mit der ersten (Teil-)Auszahlung des Bauspardarlehens.“

Der Kl. war der Ansicht, die beiden Klauseln über die „Kontogebühr“ in Nr. I1b der Darlehensverträge sowie in § 17 Abs. 1 ABB verstießen gegen § 307 BGB und nahm die Bekl. darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen.

Prozessverlauf:

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der BGH hat ihr aufgrund der vom OLG zugelassenen Revision des Kl. stattgegeben.

Entscheidung des BGH:

Die beiden – als einheitliche Regelung zu verstehenden – Klauseln über die Erhebung einer „Kontogebühr“ in der Darlehensphase stellen eine gerichtlicher Kontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede dar. In der Darlehensphase ist mit den Tätigkeiten der „bauspartechnische[n] Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse“, für die die Bekl. die Kontogebühr auch in diesem Zeitraum erhebt, weder die Erfüllung einer Hauptleistungspflicht der Bekl. noch eine rechtlich nicht geregelte Sonderleistung verbunden. Die vorgenannten Tätigkeiten erbringt die Bausparkasse nach Darlehensgewährung nicht im Interesse des Darlehensnehmers. Dass sie nach Eintritt in die Darlehensphase Zahlungen des Kunden ordnungsgemäß verbucht, liegt ebenfalls ausschließlich in ihrem Interesse. Die bloße Verwaltung der Darlehensverträge nach Darlehensausreichung ist keine gesondert vergütungsfähige Leistung gegenüber dem Bausparer, sondern eine rein innerbetriebliche Leistung der Bausparkasse.

Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halten die beanstandeten Regelungen über die Kontogebühr in der Darlehensphase nicht stand. Sie weichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und benachteiligen die Bausparkunden der Bekl. unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Klauseln sind mit dem – wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 8. 11. 2016 – VersR 2017, 356 vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 198/2016): auch für Bauspardarlehensverträge geltenden – gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB unvereinbar, weil die Berechnung der Kontogebühr in der Darlehensphase der Abgeltung von Aufwand für im Zusammenhang mit Bauspardarlehen stehende Verwaltungstätigkeiten der Bekl. dient und folglich Kosten auf deren Kunden abgewälzt werden, die für Tätigkeiten anfallen, die von der Bekl. überwiegend in eigenem Interesse erbracht werden.

Hinreichende Gründe, die die Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung dessen ungeachtet als angemessen erscheinen lassen, liegen nicht vor. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild ist insbesondere weder sachlich gerechtfertigt noch wird der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt. Die Kontogebühr in der Darlehensphase wird schließlich auch nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der Bausparkunden ausgeglichen.

BGH, Urteil vom 9. 5. 2017 (XI ZR 308/15)

(Pressemitteilung des BGH Nr. 68/2017 vom 9. 5. 2017)