Der 1. 4. 2017 war ein weiterer historischer Tag für das deutsche und europäische Versicherungskartellrecht. Nach dem Feuerversicherungsurteil 1988, in dem erstmals die vollumfängliche Anwendbarkeit des Kartellrechts auf die Versicherungswirtschaft festgestellt wurde, der Einführung einer Gruppenfreistellung für verschiedene Praktiken der Versicherungswirtschaft im Jahr 1993, dem Industrieversichererverfahren des Bundeskartellamts, der Streichung der Bereichsausnahme des vormaligen § 102 GWB a. F. für die Versicherungswirtschaft im Jahr 1998 und der branchenspezifischen Freistellungen nach § 29 GWB a. F. 2005 ist mit dem endgültigen Auslaufen der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für die Versicherungswirtschaft nun die letzte versicherungsspezifische Regelung des Kartellrechts weggefallen.
Welche Herausforderungen das Kartellrecht zukünftig an die Versicherungswirtschaft stellen wird, hängt ganz wesentlich von den Entwicklungen in der Versicherungswirtschaft selbst ab. Neue Kooperationsformen und neue versicherungsbetriebliche Technologien werden neue kartellrechtliche Bewertungen erfordern. In anderen Branchen und in anderen Jurisdiktionen stehen bereits Themen wie „Automated Pricing Algorithms“, Internet-Vergleichsplattformen, Internetvertrieb und Monopolisierungstendenzen im Fokus der Kartellbehörden und der Gerichte.
Der Beitrag von Prof. Dr. Fabian Stancke beleuchtet, welche Auswirkungen das Ende der GVO Versicherungswirtschaft für bisher automatisch freigestellte Geschäftspraktiken hat und welchen kartellrechtlichen Herausforderungen die Branche darüber hinaus in Zukunft gegenüberstehen wird.