Rezension: Festschrift für Karl-Heinz Danzl – Zum 65. Geburtstag

Karl-Heinz Danzl hat seine Richterlaufbahn mit dem langjährigen Vorsitz im Schadensersatzsenat des OGH (Zweiten Senat) gekrönt. Seit 1987 war er Lehrbeauftragter, seit 1998 ist er Honorarprofessor an der Universität Innsbruck und seit 2006 Hauptschriftleiter der österreichischen Zeitschrift für Verkehrsrecht.

Seine beruflichen und publizistischen Interessen galten und gelten vornehmlich dem Verkehrsrecht, dem gesamte Schadensersatzrecht, insbesondere Rechtsfragen des Schmerzensgeldes, sowie dem Privatversicherungs- und dem Zivilprozessrecht. Rechtsvergleichend hat er vor allem das deutsche und das Schweizer Recht in den Blick genommen. Als Senatspräsident hat er den Kontakt zum BGH nachhaltig gepflegt und nahm regelmäßig am jährlichen Karlsruher Forum zum Haftungs-, Schadens- und Versicherungsrecht teil. Es überrascht daher nicht, dass neben den österreichischen Autoren auch zahlreiche Autoren aus Deutschland, darunter Richter des Haftungssenats des BGH, sowie Autoren aus der Schweiz an der Festschrift mitgewirkt haben.
Die Karl-Heinz Danzl zu seinem 65. Geburtstag gewidmete, mehr als 750-seitige Festschrift mit 45 Beiträge von 51 Autoren spiegelt seine Interessengebiete trefflich wider. Dabei machen schon die Überschriften einzelner Festschriftbeiträge deutlich, dass sich die Interessen des Jubilars im prallen Leben bewegen; genannt seien „Das Auto als Waffe“, „Drohnen über Österreich“, „Zur Wegehalterhaftung im alpinen Gelände“, „Der Fahrradhelm beim BGH“ oder „Smartwatches, Smartglasses, sonstige Wearables und das Handy-Verbot …“.
Nachfolgend soll ein – notwendig kurzer –Überblick über die Beiträge der Festschrift gegeben werden: Der Schwerpunkt der Festschrift liegt auf Beiträgen zum Schadensersatzrecht. Ahrens (S. 3–15) befasst sich – mit Blick auf einen Diskussionsentwurf für ein neues österreichisches Schadensersatzrecht – mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von dem Grundsatz zu machen sind, dass ein Geschädigter kein Ersatz für rechtswidrige Vorteile erlangen darf. Er bezweifelt, dass insoweit eine gesetzliche Regelung erforderlich sei und verweist auf die normzweckorientierte Auslegung (S. 15). Apathy (S. 17–25) analysiert, wer bei Beschädigung von Miet- und Leasingobjekten aktiv legitimiert ist. Eggert (S. 27–38) plädiert für eine Einschränkung der Zubilligung eines Integritätszuschlags bei der Beschädigung eines gebrauchten Kfz auf Fälle, in denen im örtlichen Kfz-Handel ein gleichartiges und gleichwertiges Ersatzfahrzeug nicht erhältlich ist. Ermacora/Gleirscher (S. 39–55) befassen sich mit spezifischen haftungsrechtlichen Fragestellungen der Wegehalterhaftung bei der Errichtung von Themenwegen im alpinen Gelände; hier komme es tendenziell zu einer Erhöhung der Haftungsstandards. Harrer/Neumayr (S. 57–69) wenden sich gegen die von der Rechtsprechung – jedenfalls bei Garantenstellung oder aktivem Tun – anerkannte Außenhaftung des Geschäftsführers im Lauterkeitsrecht; eine solche Haftung sei nicht zu begründen und lasse sich auch nicht aus der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ableiten. Hinteregger (S. 71–85) zeigt auf, dass die österreichische Rechtsprechung das Dogma, wonach Ersatz ideellen Schadens nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung erfolge, beim Trauerschaden überwunden habe; sie plädiert dafür, immateriellen Schadensersatz – in Fortentwicklung der Rechtsprechung des OGH nicht nur bei schwerem Verschulden, sondern – auch bei leichter Fahrlässigkeit und bei der Gefährdungshaftung zuzusprechen. Karner (S. 87–116) bilanziert die Ersatzfähigkeit von Schock- und Trauerschäden nach österreichischem Recht unter tabellarischer Auswertung hinsichtlich der Entschädigungshöhe; er kritisiert, dass Deutschland – anders als Österreich – das „Hinterbliebenengeld“ für zugefügtes seelisches Leid auf die deliktische Verschuldenshaftung (§ 844 Abs. 3 BGB) beschränke. Kodek (S. 117–127) geht auf die Entwicklung der Rechtsprechung hinsichtlich der abstrakten Schadensberechnung ein; die abstrakte Schadensberechnung sei sowohl im Grundsatz als auch in ihrer Eignung für konkrete Fälle kritisch zu hinterfragen, ihre Grenzen seien stärker auszuloten. Koziol (S. 129–138) kritisiert unsoziale schadensersatzrechtliche Regelungen im österreichischen Recht, und zwar: die Regelung des § 1315 ABGB über die Haftung für gefährliche Gehilfen; die mit jener Vorschrift verbundene Möglichkeit einer unerträglichen Belastung des Gehilfen, wenn der Geschäftsherr zahlungsunfähig ist; den Selbstbehalt nach PHG und die Haftungshöchstbeträge des EKHG; die Einschränkung der Haftung des Wegehalters auf grobe Fahrlässigkeit; die Begrenzung der Haftung für Beeinträchtigungen der Privatsphäre durch Massenmedien; unsozial wäre auch ein Übergang von dem in Österreich herrschenden subjektiven Verständnis des Verschuldens zu einem objektiven Verschuldensmaßstab, wie er beispielsweise in der deutschen und schweizerischen Rechtsordnung anerkannt ist. Landolt (S. 139–156) befasst sich mit dem normativen Schaden im schweizerischen Recht. Michtner (S. 157–164) kommt zu dem Schluss, dass der OGH § 275 Abs. 5 UGB, wonach Ansprüche gegen den pflichtwidrig handelnden Abschlussprüfer in fünf Jahren verjähren, auch zukünftig für eine zwingende Vorschrift erachten wird. Offenloch (S. 165–176) analysiert die Grundlagen des Fahrradhelm-Urteils des BGH, wonach das Nichttragen eines Fahrradhelms jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich kein Mitverschulden begründet, und zieht allgemeine Folgerungen für die Annahme eines Mitverschuldens bei unterlassenen Eigenschutzmaßnahmen. Rudolf (S. 177–190) behandelt den Ersatz immaterieller Schäden mittelbar Geschädigter nach dem slowenischen Obligationenrecht. Schubert (S. 191–202) kritisiert die Entscheidung der Vereinigten Großen Senate des BGH, dass – anders als nach österreichischem Recht und anderen europäischen Rechtsordnungen – bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die wirtschaftlichen Verhältnisse von Schädiger und Geschädigtem zu berücksichtigen seien. Solé/Veith (S. 203–226) befassen sich mit Aspekten der Schadensrente als Inhalt schadensersatzrechtlicher Ansprüche.
Dem Medizinhaftungsrecht sind folgende Beiträge gewidmet: Bernat, Medizinisch nicht indizierte ärztliche Eingriffe und Entgeltfortzahlung (S. 229–251); Herzog-Zwitter, Die Aufklärungspflichtverletzung und die hypothetische Einwilligung als Haftungskorrektiv – eine rechtsvergleichende Analyse (S. 253–269); Jaeger, Neues aus der Rechtsprechung – vier Jahre Patientenrechtegesetz (S. 271–309); Spickhoff, Die Haftung des (psychiatrischen) Gerichtssachverständigen (S. 311–324).
In den Beiträgen zum Privatversicherungsrecht behandelt Armbrüster (S. 327–348) die Bindungswirkung der Preislisten von Schadensnetzen für die Entschädigungsleistungen in der Kfz-Versicherung. Ertl (S. 349–358) bekräftigt die Rechtsprechung des OGH, wonach ein vom VN dem Geschädigten gegenüber abgegebenes bloß deklaratives Anerkenntnis den Befreiungsanspruch nicht in einen Zahlungsanspruch wandele und auch nicht unter das gesetzliche Anerkenntnisverbot des § 154 VersVG falle. Fucik (S. 359–368) kritisiert die Rechtsprechung, wonach der Direktprozess gegen den Versicherer im Versicherteninsolvenzfall unterbrochen werde, als mit den Schutzzwecken von § 28 KHVG nicht vereinbar. Grubmann (S. 369–387) schildert die Entwicklung des Kfz-Haftpflichtversicherungsrechts in Österreich bis zum Inkrafttreten des KHVG 1994. Kath (S. 389–416) analysiert das Spannungs- und Konkurrenzverhältnis zwischen der Verletzung von Sicherheitsvorschriften, der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls und dem Gefahrerhöhungserhöhungsregime in der Sachversicherung. Reisinger (S. 417–428) plädiert dafür, Opfer von Amokfahrten besser zu schützen, unbefriedigende Differenzierungen bei der Entschädigung (einschließlich der Regressregelungen) im Fall von (echten und ermöglichten) Schwarzfahrten aufzugeben und einen staatlichen Terrorfonds einzurichten. Salficky (S. 429–438) befasst sich mit konkurrierenden Deckungsansprüchen bei der Versicherung für fremde Rechnung.
Die Beiträge zum Sozialversicherungsrecht eröffnet Huber (S. 441–470) mit einer Untersuchung über Rechtsfolgen fehlender (spezialgesetzlicher) Legalzessionsnormen; er plädiert dafür, im ABGB als Regressweg die Legalzession festzuschreiben und eine Zweifelsregel aufzunehmen, wonach ein Drittleistender mit seiner Leistung an den Geschädigten den Schädiger nicht entlasten wolle. Rolfs/Marcelli (S. 471–483) zeigen für die „gestörte Gesamtschuld“ auf, dass sich die Beurteilung der gesetzlich nicht geregelten Rechtsfolgen im österreichischen und deutschen Recht erheblich unterscheidet. Sie bescheinigen dem OGH, dass er methodenrichtig maßgeblich Wertungsgesichtspunkte heranzieht, und plädieren für eine weitere, länderübergreifende Annäherung der Rechtsfolgen.
In der Rubrik „Sonstiges Verkehrsrecht“ geht es besonders bewegt zu. Bachmeier (S. 487–498) analysiert die deutsche und österreichische Rechtslage zu „Smartwatches, Smartglasses, sonstige Wearables und das Handy-Verbot oder Technik und das Fehlen effektiver Normsetzung“. Er resümiert, dass das „Spiel zwischen Normenstand und technische Entwicklung“ dem bekannten Wettlauf zwischen Hase und Igel gleiche. Die verbotene Smartphone-Nutzung während einer Kfz-Fahrt sei normativ kaum beherrschbar; die vom 55. Deutschen Verkehrsgerichtstag – u. a. – empfohlene gesellschaftliche Ächtung der Nutzung von elektronischen Geräten während des Fahrens sei jedoch – für sich gesehen, so muss man wohl ergänzen – keine geeignete Lösung. Janezic (S. 499 –509) berichtet über das österreichische Recht über Drohnen (unbemannte Luftfahrzeuge), das sich aufgrund der angekündigten Erweiterung des einschlägigen Unionsrechts in einer Art „Durchgangsstation“ befinde. Die Erweiterung des Unionsrecht ist inzwischen erfolgt durch die Verordnung (EU) 2018/1139 vom 4. 7. 2018 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Agentur der EU für Flugsicherheit. Pürstl (S. 511–527) erachtet ein weiteres Festhalten an der österreichischen Rechtslage, nach der nur natürliche Personen Inhaber von Fahrschulbewilligungen sein dürfen, sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch mit Blick auf die Niederlassungsfreiheit des Unionsrechts für bedenklich; er hält eine Ausdehnung auf Personengesellschaften für möglich, nicht aber für Kapitalgesellschaften, für die anderenfalls systemwidrige Sonderregelungen erforderlich wären. Thann (S. 529–539) widmet sich in einem historischen Rückblick bis in die 1960er-Jahre den Auswirkungen gesetzlicher Regelungen zur Sicherheit des Straßenverkehrs; für die Zukunft prognostiziert er, dass das Verkehrsrecht durch die Digitalisierung verstärkt zur Querschnittsmaterie werde.
Die Beiträge zum Zivilgerichtlichen Verfahrensrecht eröffnet Mayr (S. 543–557) mit einem Beitrag zur österreichischen Wissenschaftsgeschichte über „Die beiden Habilitationen Franz Kleins“, den Mayr zu den größten Juristenpersönlichkeiten rechnet, die Österreich jemals hervorgebracht hat. Schumacher/Klingler (S. 559–577) erörtern die Zustellung im österreichischen Zivilverfahren. Wellner (S. 579–588) behandelt den Anscheinsbeweis bei Verkehrsunfällen, insbesondere im Lichte der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats (Haftungssenats) des BGH, differenzierend zwischen Auffahrunfällen auf der Autobahn, Parkplatzunfällen und Unfällen zwischen Kfz und Fußgängern. Zimmermann (S. 589–600) plädiert für eine konsequentere Strukturierung des anwaltlichen Schriftsatzvorbringens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht; Vorteile einer entsprechenden Fortentwicklung des Prozessmodells ließen sich insbesondere in dem im Zivilverfahren bevorstehenden „elektronischen Akt“ gewinnen.
In der Rubrik „Internationales Schadenersatz- und Zivilprozessrecht“ befasst sich Looschelders (S. 603–627) mit der Abwicklung internationaler Verkehrsunfälle vor deutschen und österreichischen Gerichten unter besonderer Berücksichtigung des Direktanspruchs. Bestehende Rechtsunterschiede würden sich durch die Vereinheitlichung des materiellen Rechts der Kfz-Haftpflichtversicherung durch die KH-Richtlinien in der praktischen Rechtsanwendung nur noch selten auswirken. Für die – mangels Vereinheitlichung immer noch – unterschiedlichen Verjährungsfristen biete sich als milderes Mittel an, die 6. KH-Richtlinie durch eine Regelung zu ergänzen, dass die Verjährung gehemmt wird, wenn der Direktanspruch des Geschädigten bei dem Versicherer des Schädigers angemeldet worden ist. Riedmeyer (S. 629–644) beleuchtet die Rechtsprechung des EuGH zu den KH-Richtlinien und den sonstigen Verordnungen und Richtlinien über die Regulierung internationaler Verkehrsunfälle. Schacherreiter (S. 645–653) befasst sich mit der internationalen Zuständigkeit für Prospekthaftungsklagen nach der EuGVVO. Spitzer (S. 655–667) unternimmt rechtsvergleichend einen Streifzug durch die juristische Dimension des Klimawandels; eine zivilrechtliche Haftung für die Folgen des Klimawandels sei alles andere als ein Selbstläufer und es stelle sich die Frage, ob sich in den zweifellos notwendigen weltweiten Trend des Klimaschutzes auch das Schadenersatzrecht einordnen solle. Wittwer (S. 669–678) begrüßt die SOVAG-Entscheidung des EuGH, die bei einem internationalen Schadensfall über Art. 8 Nr. 2 EuGVVO 2012 einen Heimatgerichtsstand für einen SVT eröffnet, wenn der unmittelbar Geschädigte einen Prozess gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer in dem betreffenden Staat führe. Wegen eines Vorbehalts nach Art. 65 EuGVVO 2012 sei in Österreich und Deutschland eine solche Zuständigkeit nur durch Rückabtretung der Ansprüche des SVT an den Geschädigten zu begründen. Er plädiert dafür, dass Österreich und Deutschland den Vorbehalt zur EuGVVO zurückziehen und in ihren Zivilprozessordnungen eine Regelung zur Streitverkündungs- und Interventionsklage aufnehmen.
Die Festschrift schließt mit Beiträgen zum Allgemeinen Zivilrecht. Kriegner (S. 681–695) verteidigt die Judikatur des OGH zu schadensersatzrechtlicher Haftung bei Verwendung von rechtswidrigen AGB gegen dogmatische Einwände; die erforderliche Rechtswidrigkeit setze eine objektiv sorgfaltswidrige Verwendung voraus, wobei ein Wandel der Judikatur in der Regel nicht vorausbedacht werden müsse. Lindinger (S. 697–706) analysiert und verneint, dass nach deutschem und österreichischem Recht in der Verletzung der Aufklärungs- und/oder Informationspflicht ein selbstständiger Reisemangel liege. Nowotny (S. 707–736) behandelt unter Hinweis auf den bedeutenden Wirtschaftsfaktor, den die katholische Kirche in Österreich darstelle, „die Vertretung von kirchlichen katholischen juristischen Personen, insbesondere von Ordensgemeinschaften und Kongregationen, im staatlichen österreichischen Recht“. Pfeffer/Wegrath (S. 737–774) befassen sich mit der Bemessung des Abzugs, der bei Wandelung eines Fahrzeugkaufvertrags für die Nutzung des Fahrzeugs durch den Käufer vorzunehmen ist; vorzugswürdig sei der Ansatz des „linearen Abwertungsmodells“, wie in der Form des Autopreisspiegels (APS) in Österreich praktiziert.
Die Festschrift für Karl-Heinz Danzl ist in besonderer Weise aktuellen praxisrelevanten Themen gewidmet. Sie bietet rechtsvergleichend und rechtspolitisch eine Fülle von Anregungen, nicht zuletzt für den Gesetzgeber.

Der Rezensent, Prof. Dr. Manfred Wandt, ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Versicherungsrecht und Vorstandsmitglied des International Center for Insurance Regulation und des Institute for Law and Finance an der Goethe-Universität Frankfurt/M.

Festschrift für Karl Heinz Danzl
Zum 65. Geburtstag
Von Christian Huber, Matthias Neumayr und  Wolfgang ­Reisinger (Hrsg.)
(Manz’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 2017, 756 S., brosch., ISBN 978-3-214-03302-6, 154 Euro)

(Die Rezension ist abgedr. in VersR 2019, 464)