Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit, Unentgeltliche Verträge und Gefälligkeitsverhältnisse – Die Perspektive des Haftungsrechts

Die Analyse der Haftung für unentgeltliche Leistungen steht aus Sicht des Autors Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit von vornherein im Kontrast zur Haftung für entgeltliche Leistungen. Der entgeltliche Austausch bildet den Normalfall eines Leistungsverhältnisses zwischen zwei Rechtsträgern und auf diesen Normalfall ist die Haftungsordnung ausgerichtet. Die unentgeltliche Leistung als empirisch und normativ exzentrische Transaktion wirft die Frage auf, ob der Leistende aufgrund der Uneigennützigkeit seines Handelns nicht ein „Sonderhaftungsrecht“ verdient, also eine im Vergleich zu entgeltlichen Leistungen erleichterte Haftung. Spiegelbildlich fragt es sich, ob der „unverdient“ Begünstigte den „regulären“ Haftungsschutz verdient, ob also eine seinerseits reduzierte Schutzwürdigkeit ein „Sonderhaftungsrecht“ legitimiert.

Im Mittelpunkt dieses Fragenkreises steht dabei im deutschen Bürgerlichen Recht das Problem, ob bzw. inwieweit dem Leistenden eine Haftungsprivilegierung im Sinne einer Absenkung des Maßstabs persönlicher Verantwortlichkeit zuzuerkennen ist. Während im entgeltlichen Austauschverhältnis eine strenge Fahrlässigkeitshaftung für jede Verletzung der Leistungspflicht und auch für die Verletzung von Schutzpflichten im Grundsatz unzweifelhaft verankert ist, gelten für unentgeltliche Leistungen verschiedene Haftungsprivilegien, teils kraft positiven Rechts, teils als Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung.

Ein zweites, von den Haftungsprivilegien zu trennendes Feld der haftungsrechtlichen Sonderbehandlung betrifft die Anforderungen an eine vertragliche Bindung sowie an die Entstehung eines Schutzpflichtverhältnisses. Auch in dieser Hinsicht kann – so der Autor in seinem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift Versicherungsrecht (VersR) – die Unentgeltlichkeit einer Transaktion dazu führen, dass der Leistende einer weniger strengen Haftung unterworfen ist als die durch eine entgeltliche Abrede verbundenen Parteien – nämlich: keiner rechtsgeschäftlichen.

(Der vollständige Aufsatz ist abgedr. in VersR 2018, 769)