Prof. Dr. Mark Makowsky, Das Kriegsrisiko im Privatversicherungsrecht – grundlegende Fragen und aktuelle Entwicklungen

In seinem aktuellen Aufsatz widmet sich der Autor dem Kriegsrisiko im Privatversicherungsrecht: „Die zahlreichen und weitreichenden Folgen des Ukrainekriegs haben von Beginn an auch die deutsche Versicherungswirtschaft beschäftigt. So erklärten sich die Versicherer etwa kurzerhand bereit, den nötigen Haftpflichtschutz für unversicherte ukrainische Kfz in Deutschland zu übernehmen. Viele Seekasko- und Transportversicherer übten außerdem ihr Sonderkündigungsrecht in der Kriegsversicherung aus, um ukrainische und russische Seegebiete wie insbesondere das Asowsche und Schwarze Meer vom Deckungsschutz auszunehmen oder Mehrprämien zu verlangen. In einigen Sparten stellt sich nun außerdem die Frage, ob die nach Kriegsausbruch eintretenden Schäden versichert sind oder dem marktüblichen Kriegsausschluss unterfallen. Praktisch relevant wird dies beispielsweise in der Seekasko- sowie der Transportversicherung, wenn Schiffe oder Transportgüter durch Kriegshandlungen beschädigt werden oder den Hafen nicht verlassen können. Auch in der Cyberversicherung gerät der Kriegsausschluss für (mutmaßlich) aus Russland gesteuerte Hackerangriffe auf deutsche Unternehmen in den Fokus. Eine Anwendung der Ausschlussklausel ist zudem bei Sabotageakten außerhalb des Kriegsoperationsgebiets in Betracht zu ziehen wie etwa bei den (mutmaßlich) vorsätzlichen Angriffen auf die Nord-Stream-Pipelines oder das Kabelnetzwerk der Deutschen Bahn. Diskutiert wird ferner darüber, ob Betriebsunterbrechungsschäden nach einem kriegsbedingten Gasembargo oder Gaslieferstopp dem Kriegsausschluss unterliegen. Schließlich könnte die Ausschlussklausel auch auf Sachschäden anzuwenden sein, die im Inland durch russland- oder ukrainefeindliche Angriffe auf Supermärkte, Geschäfte oder Autos entstehen. Über solche Sachbeschädigungen wurde vor allem in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn vermehrt berichtet. Die aktuellen Entwicklungen geben somit hinreichenden Anlass, einige grundlegende Aspekte des Kriegsrisikos und insbesondere die Voraussetzungen der Kriegsausschlussklausel aus privatversicherungsrechtlicher Perspektive zu beleuchten.“

(Der vollständige Aufsatz ist abgedr. in VersR 2023, 1)

Nachruf – Prof. Dr. Gerrit Winter

Gerrit Winter ist am 27. Januar 2022, kurz vor Vollendendung seines 87. Lebensjahres, in Hamburg plötzlich und unerwartet verstorben. Er war bis zuletzt als Dozent und stellvertretender Programmdirektor im Masterstudiengang Versicherungsrecht für die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Hamburg und das Seminar für Versicherungswissenschaft tätig und hat in seiner Eigenschaft als Ehrenmitglied des Präsidialrats der Association Internationale de Droit des Assurances (AIDA) an Sitzungen teilgenommen.

Gerrit Winter wurde 1935 in Gotha geboren und studierte an den Universitäten Würzburg und Göttingen deutsches Recht und an der Universität Oxford englisches Recht. In seiner von Wilhelm Ebel betreuten Dissertation aus dem Jahre 1962 wendete er sich gegen das damals noch einhellig vertretene versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot. Nach Assistenten- und Dozentenjahren in Göttingen und Hamburg bei Hans Möller und Karl Sieg wirkte er seit 1977 als Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht, Versicherungsrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Hamburg. Bis zur Neubesetzung des Lehrstuhls im Jahre 2006 war Gerrit Winter im Zusammenwirken und im Wechsel mit Manfred Werber in der Leitung des Seminars für Versicherungswissenschaft und des Versicherungswissenschaftlichen Vereins in Hamburg e.V. tätig. Weiterlesen…

BGH: Betriebsschließungsversicherung in der COVID-19-Pandemie

Der u.a. für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass einem VN auf der Grundlage der hier vereinbarten Versicherungsbedingungen keine Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung wegen einer im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erfolgten Schließung der von ihm betriebenen Gaststätte in Schleswig-Holstein zustehen.

Der Kl. hält bei dem bekl. Versicherer eine sog. Betriebsschließungsversicherung. Er begehrt die Feststellung, dass der bekl. Versicherer verpflichtet ist, ihm aufgrund der Schließung seines Restaurants eine Entschädigung aus dieser Versicherung zu zahlen. Dem Versicherungsvertrag liegen die „Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) – 2008 (ZBSV 08)“ zugrunde. Nach § 3 Nr. 1 a ZBSV 08 ersetzt der Versicherer dem VN im Fall einer bedingungsgemäßen Betriebsschließung den Ertragsausfallschaden bis zu einer Haftzeit von 30 Tagen. Weiterlesen…

Neu für VersR-Abonnenten: juris Online-Zugang mit vielen Inhalten

Ab dem 3. Januar 2022 können die Bezieher der Zeitschrift „Versicherungsrecht“ (VersR) im Rahmen Ihres Printabonnements die aktuellen und früheren Inhalte der VersR auch online über das Rechtsportal juris abrufen. Das umfassende elektronische Archiv mit über 50 im Volltext erfassten VersR-Jahrgängen ermöglicht eine rasche und gezielte Recherche nach den relevanten Entscheidungen und Fachbeiträgen.

Alle Printabonnenten profitieren so von der bewährten Expertise von juris bei der digitalen Bereitstellung juristischer Fachinformationen innerhalb einer hochmodernen Benutzeroberfläche. Der Online-Zugang mit bis zu drei Nutzern pro Zeitschriftenabonnement steht an 365 Tagen 24 Stunden lang zur Verfügung. Weiterlesen…

Nachruf – Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Leo Weyers

Am 20. August 2021 ist Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Leo Weyers im Alter von 87 Jahren verstorben.

Hans-Leo Weyers war von 1971 bis 1999 Professor für deutsches und ausländisches Zivilrecht, Zivilprozess- und Versicherungsrecht am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1976 war er Dekan des Frankfurter Fachbereichs, dem er auch bei einem Ruf an die TU Hannover (1978) treu blieb. Mehr als 20 Jahre, über seine Emeritierung hinaus wirkte er als EDV-Beauftragter des Fachbereichs und er war langjährig Beauftragter für den Austausch mit der Universidad Autónoma in Madrid.

Hans-Leo Weyers studierte von 1953 bis 1956 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an den Universitäten Tübingen, Hamburg und Freiburg im Breisgau. Er promovierte 1960 über die Eheschließung nach spanischem Recht. Die juristische Fakultät der Universität Tübingen habilitierte ihn 1970 mit der Arbeit »Unfallschäden – Praxis und Ziele von Haftpflicht- und Vorsorgesystemen«. Dieses viel beachtete, 700 Seiten umfassende Werk dokumentierte früh seinen methodischen Zugriff. Prägend war das Streben nach empirisch abgesichertem und systematisch fundiertem Verständnis, seine Leser bewußt gedankentief fordernd.

Sein wissenschaftliches Interesse galt vor allem dem Schuldrecht, besonders dem Haftungs- und Versicherungsrecht, sowie der Rechtsvergleichung. Mit Blick auf technische Neuerungen und neuartige Fragestellungen lag ihm die Fortentwicklung des Zivilrechts am Herzen. Das renommierte Lehrbuch zum Schuldrecht seines akademischen Mentors Josef Esser führte Hans-Leo Weyers ab der 5. Aufl. 1977 bis zur 8. Aufl. 2000 fort, zunächst zur Gänze, ab der 6. Aufl. den Besonderen Teil.

Seine besondere Leidenschaft galt der Rechtsvergleichung. Langjährig wirkte er als Leiter der Fachgruppe Zivilrecht der Gesellschaft für Rechtsvergleichung. Der Universität Zaragoza, die er schon zur Anfertigung seiner Dissertation mehrmonatig besucht hatte, war er während seines gesamten akademischen Lebens verbunden. Sie verlieh ihm in Anerkennung seiner Leistungen und Verdienste im Jahre 2003 die Ehrendoktorwürde, wie zuvor bereits die Universität Stockholm (1991).

Um das Versicherungsrecht hat sich Hans-Leo Weyers vor allem durch sein Lehrbuch zum Versicherungsvertragsrecht verdient gemacht (2. Aufl 1995). Er schrieb es instruktiv und in lebendiger Sprache, mit Blick für rechtspolitische Entwicklungen und wirtschaftliche Hintergründe. Es ging ihm vor allem darum, die »eigentümlichen Grundelemente und Gesetzlichkeiten« des Versicherungsvertragsrechts aufzuzeigen, stets unter Betonung des Zusammenhangs mit dem allgemeinen Schuldrecht. Mit seiner Emeritierung gab er das Buch in andere Hände. Auch wenn die spätere »Jahrhundertreform« des Versicherungsrechts und die Neuformierung des unionsrechtlichen Aufsichtsrechts zu erheblichen Erweiterungen führten, die Handschrift von Hans-Leo Weyers ist auch in der aktuellen 6. Aufl. von 2016 immer noch spürbar.

Hans-Leo Weyers war in seiner geradlinigen und zugleich einfühlsamen, zugewandten Art ein Herzensmensch mit Kanten. Er war geschätzter Kollege und treuer Freund – nicht nur für die Mitglieder des in den 1970iger-Jahren neu formierten Frankfurter Fachbereichs, sondern auch für viele Nachberufene. Der Zusammenhalt des Freundeskreises lag ihm sehr am Herzen. Über Jahrzehnte und bis zuletzt lud er zum legendären Gartenfest im Taunus.

Wir gedenken Hans-Leo Weyers in Ehre und Dankbarkeit.

Manfred Wandt, Frankfurt/M.