BGH zum Ersatz der Mehrkosten wegen eines anstelle des gebuchten in Eigenregie durchgeführten Ersatzfluges

Die Kl. verlangt von der bekl. Reiseveranstalterin Ersatz der Mehrkosten für einen Ersatzflug, den sie nach der Verschiebung des ursprünglich vorgesehenen Fluges in Eigenregie gebucht hat.

Sachverhalt:

Die Kl. buchte bei der bekl. Reiseveranstalterin für sich, ihren Ehemann und ihre zwei Kinder für die Zeit vom 1. bis 7.10.2014 eine Pauschalreise in die Türkei zu einem Gesamtreisepreis von 4874 Euro.

Der Rückflug von Antalya nach Frankfurt/M. war für den 7.10.2014 um 20.05 Uhr vorgesehen. Am Abreisetag wurde der Kl. am Flughafen mitgeteilt, dass sich der Rückflug aufgrund eines technischen Problems auf 22.40 Uhr verschiebt. Als neuer Zielort des Rückfluges wurde Köln angegeben; von dort wurde ein Bustransfer nach Frankfurt/M. angeboten. Die Ankunftsverspätung betrug ca. 6,5 Stunden.

Die Klägerin buchte daraufhin in Eigenregie und ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Bekl. bei einer anderen Fluggesellschaft einen Ersatzflug für denselben Abend nach Frankfurt/M. 

Am 18.3.2015 meldete die Kl. ihre Ersatzansprüche bei der Bekl. an. Sie begehrt Zahlung der durch den Ersatzflug entstandenen Mehrkosten in Höhe von 1235 Euro.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. ist erfolglos geblieben. Das LG hat es zwar als unschädlich angesehen, dass die Kl. ihre Ansprüche erst nach Ablauf der einmonatigen Ausschlussfrist (§ 651g BGB) geltend gemacht habe, weil die Bekl. insoweit ihrer Hinweispflicht nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 der BGB-Informationsverordnung (im Folgenden: BGB-InfoV) nicht genügt habe. Ersatz der Aufwendungen könne die Kl. gleichwohl nicht geltend machen, da sie die Bekl. weder zur Abhilfe aufgefordert noch eine Frist dafür gesetzt habe. Der Reiseveranstalter habe auf diese Obliegenheiten nicht gesondert hinzuweisen. Ein Abhilfeverlangen und eine Fristsetzung seien auch nicht entbehrlich gewesen. Die Kl. habe die Bekl. vor der Selbstabhilfe telefonisch kontaktieren können und müssen. Besondere Umstände, die sie von dieser Verpflichtung befreiten, lägen im Streitfall nicht vor.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hat die Bekl., die in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, zur Zahlung des begehrten Ersatzbetrags verurteilt. Er hat offengelassen, ob die Bekl. über den Wortlaut von § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV hinaus verpflichtet war, die Kl. darauf hinzuweisen, dass sie die Kosten eines von ihr selbst gebuchten Rückflugs grundsätzlich nur dann ersetzt verlangen kann, wenn sie zuvor eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat.

Der BGH hat eine relevante Pflichtverletzung schon darin gesehen, dass die Bekl. die Kl. entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV nicht darauf hingewiesen hat, dass sie einen Mangel grundsätzlich anzeigen muss. Diese Pflichtverletzung hat zur Folge, dass sich die Bekl. gegenüber dem geltend gemachten Ersatzanspruch weder auf das Fehlen einer Mangelanzeige noch auf das Unterbleiben einer Fristsetzung berufen darf. Die Frage, ob die Kl. unter den gegebenen Umständen überhaupt verpflichtet war, ein Abhilfeverlangen an die Bekl. zu richten, hatte der BGH demgemäß nicht zu entscheiden.

Weil die Bekl. in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH nicht vertreten war, erging die Entscheidung durch Versäumnisurteil. Die Bekl. kann dagegen noch einen Rechtsbehelf einlegen. Inhaltlich beruht die Entscheidung auf einer vollständigen rechtlichen Prüfung.

BGH, Urteil vom 3.7.2018 (X ZR 96/17)

(Pressemitteilung des BGH Nr. 111 vom 3.7.2018)