AG München: Schule ist kein Arbeitsplatz im Sinne der Allgemeinen Reiserücktrittsversicherungsbedingungen

Tatbestand:

Der Kläger aus Zwickau hatte bei einem Versicherer einen Reiserücktrittsversicherungsvertrag abgeschlossen. Die im Rahmen des Vertrags mitversicherte minderjährige Tochter des Klägers, L., hatte sich für das parlamentarische einjährige Patenschafts-Programm 2016/2017 beworben, jedoch zunächst am 19.11.2015 eine Absage erhalten. Nach Erhalt dieser Absage buchte der Kläger u.a. auch für seine Tochter für den 23.9.2016 einen Flug von D. (Deutschland) nach S. (USA) und einen Rückflug für den 9.10.2016 von S. nach D. Mit Schreiben vom 10.2.2016 wurde ihm dann aber mitgeteilt, dass die Tochter nunmehr doch an dem Patenschafts-Programm mit Beginn am 11.8.2016, also zeitlich vor den gebuchten Flügen, teilnehmen könne. Nunmehr mussten die Flüge  für die Tochter storniert werden. Der Kläger stellte der beklagten Versicherung die Stornierungskosten in Höhe von 887,62 Euro in Rechnung. Diese weigerte sich zu zahlen.

Der Kläger ist der Auffassung, es liege ein Versicherungsfall vor. Die minderjährige Tochter habe sich zum Zeitpunkt der Reisebuchung in der Schulausbildung befunden. Insoweit stehe der Schulbesuch einem Arbeitsplatz gleich. Denn bei der Teilnahme an der Schulausbildung handele es sich um eine Pflicht des minderjährigen Kindes, sein Arbeitsplatz sei die Schule, die das Zentrum seiner Beschäftigung bilde. Bei der Teilnahme an dem Patenschafts-Programm liege somit ein Arbeitsplatzwechsel vor, weshalb die Beklagte einstandspflichtig sei.

Die zuständige Richterin wies die Klage ab, da der Schulwechsel der Tochter des Klägers keinen Versicherungsfall darstelle.

Aus den Gründen:

Die Fälle, in denen Versicherungsschutz bestehe, seien in den AVB ausdrücklich und abschließend benannt.

Unter Nr.1.e der allgemeinen Vertragsbedingungen heißt es: „Arbeitsplatzwechsel der versicherten Person oder einer mitreisenden Risikoperson …“.

„Ein solcher Arbeitsplatzwechsel der Tochter des Klägers liegt hier nicht vor. Auch wenn der Schulbesuch verpflichtend sein mag, so ist die Schule kein Arbeitsplatz des Schülers. Der Schulbesuch dient vielmehr dem Verschaffen einer Ausbildung, aufgrund derer eine Lehre oder ein anderweitiger Arbeitsplatz gesucht werden kann. Diese Vorbereitung mag zwar die Grundlage für das Erlangen eines Arbeitsplatzes sein, ist aber nicht mit einem solchen gleichzusetzen. Ein Schulwechsel oder die Inanspruchnahme eines Stipendiums mit der Teilnahme am Patenschafts-Programm stellt daher keinen Arbeitsplatzwechsel dar“, so das Urteil.

AG München, Urteil vom 29.3.2017 (273 C 2376/17)  – rechtskräftig –

Pressemitteilung Nr. 77 des AG München vom 6.10.2017