LG Köln: Entschädigung für eine 58 Monate dauernde Untersuchungshaft?

Mehr als 400.000 Euro forderte K. vom Land NRW als Entschädigung für eine 58 Monate dauernde Untersuchungshaft. Das LG Köln hat nun einen Teil der Forderung zugesprochen.

Tatbestand:

Fast fünf Jahre saß K. in Untersuchungshaft. Er war beschuldigt worden, zusammen mit seiner Ehefrau an der Ermordung der philippinischen Ehefrau seines ebenfalls angeklagten Cousins beteiligt gewesen zu sein. Nachdem K. zunächst im Dezember 2009 wegen gemeinschaftlichen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, wurde das Urteil durch den BGH aufgehoben und erneut vor dem LG Köln verhandelt. Während nun nur noch der Cousin – zwischenzeitlich rechtskräftig – wegen Mordes verurteilt wurde, wurden K. und seine Ehefrau freigesprochen (LG Köln zuletzt 111 Ks 1/12 „Mord ohne Leiche“).
K. forderte nun vom Land NRW eine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft, sowohl nach dem für solche Fälle geltenden Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) als auch nach den Grundsätzen der Amtshaftung. Nach seiner Ansicht seien nämlich die Anklageerhebung und die ursprüngliche Verurteilung fehlerhaft und nicht vertretbar gewesen. Da er durch die Untersuchungshaft seinen Betrieb nicht habe fortführen können, habe er einen Verdienstausfall von 174.000 Euro erlitten. Durch die zunächst erfolgte Verurteilung wegen Mordes hätten sich seine Eltern zudem dazu entschlossen, eine bereits vollzogene Immobilienschenkung zu widerrufen. Hierdurch seien ihm Mieteinnahmen von rd. 177.000 Euro entgangen. Für die Rückabwicklung der Schenkung und ihre erneute Durchführung nach dem Freispruch seien ferner Kosten in Höhe von rd. 9000 Euro angefallen. Um Verteidigerkosten zu bezahlen, habe er schließlich ein Wertpapierdepot auflösen müssen, weshalb ihm ein Ausschüttungsgewinn von rd. 34.600 Euro entgangen sei. Für den Neuankauf der Wertpapiere nach seiner Haft seien Broker-Kosten in Höhe von rd. 10.600 Euro angefallen.
Das LG hat der Klage nun teilweise stattgegeben, allerdings nicht in dem Umfang, in dem sich der Kläger eine Verurteilung gewünscht hatte.

Aus den Gründen:

Ein Amtshaftungsanspruch bestehe nicht, da ein solcher bei einer – gegebenenfalls auch falschen – Verurteilung nur dann in Betracht komme, wenn die Richter hier durch eine Straftat begangen hätten, was im Fall des Klägers nicht gegeben sei. Daher stehe ihm nur eine Entschädigung nach dem StrEG zu. Dieses sehe jedoch lediglich eine Entschädigung wegen der Inhaftierung selbst und nicht wegen anderer Gründe vor. Der Entschluss zum Widerruf der Schenkung durch die Eltern beruhe allerdings auf der Verurteilung im Jahr 2009 und nicht der Inhaftierung im Jahr 2007. Gleiches gelte für den Entschluss zur Wiederholung der Schenkung nach dem Freispruch. Kosten und entgangene Einnahmen in diesem Zusammenhang seien daher nicht ersatzfähig. Gleiches gelte für die entgangenen Spekulationsgewinne und Broker-Kosten. Diese seien zur Verteidigung gegen den Strafvorwurf an sich und nicht gegen die Inhaftierung selbst entstanden. Eine Differenzierung habe der Kläger jedenfalls nicht vorgenommen.
Lediglich einen vom Land noch auszugleichenden Verdienstausfall von rd. 22.800 Euro nahm die Kammer an. Dabei ging sie jedoch nicht von dem vom Kläger beanspruchten Betrag von 100 Euro/Tag aus, sondern nur von 392,94 Euro/Monat als Durchschnittswert der vorgelegten Steuerbescheide.

LG Köln, Entscheidung vom 14.8.2018 (5 O 248/17) – nicht rechtskräftig –

Pressemitteilung des LG Köln vom 31.8.2018