OLG Nürnberg: Aufklärungspflicht bei Vermittlung einer Lebensversicherung als Anlagegeschäft

Versicherungsvertragsrecht
Lebensversicherung
Aufklärungspflicht bei Vermittlung einer Lebensversicherung als Anlagegeschäft
VVG § 6
* 1. Auch bei nach der VVG-Reform 2008 abgeschlossenen Verträgen ist der Versicherer entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet, den Kl. bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind, wenn sich der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt. ** 2. Ob sich eine kapitalbildende Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, weil die vereinbarte Versicherungsleistung gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung ist, ist durch eine Gesamtbewertung des Vertragsinhalts und dem Versicherer bekannter weiterer Umstände, wie einer Kreditfinanzierung der Beiträge, zu ermitteln. *
* 3. Die Vereinbarung einer Todesfallleistung von 101 % der eingezahlten Prämien und damit die Übernahme des Verlustrisikos der Anlage des Deckungskapitals durch den Versicherer für diesen Fall steht bei wirtschaftlicher Betrachtung der Einordnung eines Versicherungsvertrags als Anlagegeschäft nicht entgegen. *
OLG Nürnberg, Urteil vom 27. 6. 2016 (8 U 2633/14)

(abgedr. in VersR 2016, 1238)