AG München: Kein Anspruch gegen Hotel auf Auskunft über persönliche Daten von Hotelgästen („Väterroulette“)

Tatbestand:

Die Kl. mietete in der Zeit vom 4. bis 7. 6. 2010 ein Zimmer in einem Hotel in Halle gemeinsam mit ihrem damaligen männlichen Begleiter mit dem Vornamen Michael. Mit dieser Person nutzte die Kl. in dem Zeitraum ein Hotelzimmer in der zweiten Etage. Im März 2011 brachte sie den Jungen J. zur Welt. Ihr Begleiter aus dem Hotel in Halle könnte der Vater des Kindes sein. Die Kl. möchte von der Hotelleitung Auskunft über die Anschrift und den vollständigen Namen ihres damaligen Begleiters. Sie selbst ist nicht im Besitz von Unterlagen, aus denen sich der vollständige Name ihres Begleiters ergeben könnte. Die Kl. benötigt die Auskünfte, um Kindesunterhaltsansprüche gegenüber ihrem damaligen Begleiter geltend machen zu können. Sie ist der Meinung, dass ihr gegenüber dem Hotel ein Auskunftsanspruch nach dem BDSG zusteht.

Das Hotel ist der Ansicht, dass kein Anspruch auf die Weitergabe der persönlichen Daten der Gäste besteht. In dem fraglichen Zeitraum wären insgesamt vier männliche Personen mit dem Vornamen Michael in dem Hotel zu Gast gewesen. Da die Kl. die genannte Person nicht näher beschreiben könne, sei eine eindeutige Feststellungen der infrage kommenden Personen nicht möglich.

Die Kl. erhob gegen die Hotelleitung Klage zum AG München auf Auskunftserteilung. Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die Kl. kann nicht die Erteilung der geforderten Auskünfte verlangen.

Aus den Gründen:

Das Gericht stellt fest, dass das Recht der betroffenen Männer auf informationelle Selbstbestimmung und auf den eigenen Schutz der Ehe und Familie das Recht der Kl. auf Schutz der Ehe und Familie und auf den Unterhaltsanspruch überwiegt. Außerdem hätten die betroffenen Männer das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre, das davor schützt, geschlechtliche Beziehungen offenbaren zu müssen. Danach könne jeder selbst darüber befinden, ob und in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Leben gewährt wird. Dieses Recht ist durch die Preisgabe der Daten betroffen, weil bereits hierdurch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Kl. als Mutter des Kindes letztlich unwiderlegbar in den Raum gestellt ist, so das Gericht.

Für das Gericht steht weiter fest, dass die Gefahr bestehe, dass die Datenübermittlung ins Blaue hinein erfolgen würde. Der Kl. ist es nicht möglich, weitere Umstände vorzutragen, durch die der unterhaltsverpflichtete Betroffene eingrenzbar wäre. Allein der Vorname, wobei sich die Kl. nicht sicher ist, ob es sich um den einzigen Vornamen handelt, und die Etagenzahl sind für die erforderliche Eingrenzung nicht ausreichend. Auch ist nicht mit Sicherheit feststellbar, ob es sich bei dem Namen auch tatsächlich um den richtigen Namen des Betroffenen handelt. Das Urteil ist rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 28. 10. 2016 (191 C 521/16)

Pressemitteilung des AG München Nr. 32 vom 28. 4. 2017