AG Berlin-Mitte: Zustellung einer Klage in deutscher Sprache an Facebook/Irland wirksam

Das AG [Berlin-]Mitte hat in einem am 8. 3. 2017 verkündeten Versäumnisurteil entschieden, dass die Zustellung einer Klageschrift in deutscher Sprache an die in Irland ansässige Facebook Ireland Ltd. wirksam ist, da eine Übersetzung in die dortige Amtssprache Englisch nicht erforderlich sei.

Tatbestand:

Ein Nutzer von Facebook hat Klage gegen dieses Unternehmen erhoben mit dem Ziel, es zu verpflichten, ihm wieder uneingeschränkten Zugang zu seinem Account und insbesondere zu allen seinen Kommunikationsinhalten und zu den Funktionen der Internetplattform „facebook.com” zu gewähren. Zugleich fordert der Kl. die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 382,59 Euro.

Der Kl. hatte im Jahr 2008 einen Account eingerichtet, dessen Zugang ihm das bekl. Unternehmen am 3.7.2016 entzogen haben soll. Vergeblich versuchte der Kl. per E-Mail zu erreichen, dass die Sperrung rückgängig gemacht werde. Dies lehnte die Bekl. mit E-Mail vom 6.7.2016 ab, da sie zu dem Schluss gekommen sei, dass er „zur Nutzung von Facebook nicht berechtigt“ sei. Sie verwies auf ihre im Internet veröffentlichte „Erklärung der Rechte und Pflichten“ und fügte hinzu, dass sie leider „aus Sicherheitsgründen keine zusätzlichen Informationen zur Sperrung“ geben könne.

Da auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erfolglos blieb, hat der Nutzer Klage erhoben und die Klageschrift nebst Anlagen in deutscher Sprache eingereicht. Die Zustellung dieser Dokumente ist am Sitz der Bekl. in Irland erfolgt, ohne dass die Klageschrift nebst Anlagen zuvor in die englische Sprache übersetzt worden waren. Nach der europäischen Zustellungs-Verordnung darf der Empfänger die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern, wenn es nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder in einer Sprache, die der Empfänger versteht, verfasst bzw. keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist.

Das bekl. Unternehmen hat sich darauf berufen, dass die zuständige Rechtsabteilung die Sprache nicht verstehe, und sich bisher nicht gegen die Klage verteidigt, da die Klage nach ihrer – der Bekl. – Auffassung nicht wirksam zugestellt worden sei.

Das Amtsgericht Mitte hat auf entsprechenden Antrag des Kl. ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren erlassen und die Bekl. nach dem Klageantrag verurteilt.

Aus den Gründen:

In der Begründung hat das AG ausgeführt, dass die Zustellung wirksam gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass die Bekl. hinreichend Deutsch verstehe. Dabei sei nicht auf die Mitglieder der Geschäftsführung abzustellen. Vielmehr seien die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur maßgeblich. Nicht zuletzt angesichts von 20 Mio. Kunden der Bekl. in Deutschland könne davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter beschäftigt seien, die in der Lage seien, sich in deutscher Sprache um rechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden zu kümmern. Dementsprechend sei auch die Beschwerde des Kl. in deutscher Sprache beantwortet worden.

Nach dem Vorbringen des Kl. sei die Bekl. auch verpflichtet, ihm wieder Zugang zu dem von ihr betriebenen Kommunikationsportal zu gewähren.

Gegen das Versäumnisurteil ist binnen drei Wochen ab Zustellung ein Einspruch der Bekl. möglich. Die Einspruchsfrist läuft voraussichtlich gegen Ende April 2017 ab. Bei einem zulässigen Einspruch wird der Rechtsstreit fortgesetzt.

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 8. 3. 2017 (15 C 364/16)
(Pressemitteilung des AG Berlin-Mitte Nr. 18 vom 11. 4. 2017)