AG Halle (Saale): Schmerzensgeld für Ladendieb

Das AG Halle (Saale) verurteilte den Mitarbeiter eines Ladengeschäfts (Bekl.) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1000 Euro. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kl. hatte 3000 Euro Schmerzensgeld gefordert und die Feststellung, dass der Bekl. weitere materielle Schäden zu ersetzen habe.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Bekl. dem Kl. zwei Faustschläge in das Gesicht versetzt hat, wodurch der Kl. einen Nasenbeinbruch und ein Schädelhirntrauma erlitten habe. Dem Bekl. habe zwar grundsätzlich ein Notwehrrecht gemäß § 227 BGB zugestanden, weil der Kl., den er in Verdacht gehabt habe, Schallplatten in Diebstahlsabsicht in seine Umhängetasche gesteckt zu haben, versucht habe, das Geschäft zu verlassen und sich geweigert habe, mit der vermeintlichen Diebesbeute im Geschäft zu verbleiben. Der darin liegende rechtswidrige Angriff auf das Eigentum des Bekl. hätte es jedoch nicht erfordert, diesen in der geschehenen Form durch zwei Faustschläge in das Gesicht zu verletzen. Ausreichend wäre gewesen, diesen trotz seines Drängelns, das Geschäft zu verlassen, weiterhin lediglich festzuhalten und weitere im Geschäft anwesende Personen um Hilfe zu bitten.

Insbesondere aufgrund einer Zeugenaussage sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Bekl. auch nicht im Affekt gehandelt habe, weil er dem Kl. vorher verbal signalisiert habe, dass „er auch anders“ könne, womit deutlich geworden sei, dass dem Bekl. ganz genau bewusst gewesen sei, was er mit den beiden Faustschlägen habe anrichten können. Spätestens der zweite Faustschlag sei nicht mehr im Sinne des Notwehrrechts erforderlich gewesen, sondern ein Überschreiten der gebotenen Gefahrenabwehr (ein sogenannter Notwehrexzess). Aufgrund der Aussage dieses Zeugen stehe auch fest, dass der Kl. seinerseits den Bekl. nicht körperlich angegriffen habe, weshalb etwa auch aus diesem Grund kein Angriff vorgelegen habe, der die Faustschläge gerechtfertigt hätte.

Im Ergebnis sah es das Gericht als angemessen an, zunächst von einem Schmerzensgeldanspruch des Kl. gem. §§ 823, 253, 254 BGB in Höhe von 2000 Euro auszugehen. Da der Kl. seinerseits die Handlungen insbesondere dadurch provoziert habe, dass er versucht habe, das Geschäft zu verlassen und nicht der Aufforderung des Bekl. gefolgt sei, seine Tasche zu öffnen bzw. die in der Tasche befindlichen Schallplatten herauszugeben, habe er allerdings ein erhebliches Mitverschulden an der Verletzung, dass mit 50 % einzuschätzen sei, weshalb letztlich der Schmerzensgeldanspruch nur in Höhe von 1000 gerechtfertigt sei und dementsprechend der Bekl. zur Zahlung eines solchen Betrags zu verurteilen sei.

Die weiter gehende Klage wurde zurückgewiesen. Insbesondere habe der Kl. nicht beweisen können, dass ihm weitere Schäden entstanden sind, die den zweiten Klageantrag zur Schadensersatzpflicht gerechtfertigt hätten.

Da der Kläger ursprünglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro gefordert hat, sei er zu 2/3 unterlegen, weshalb er von sämtlichen Verfahrenskosten 2/3 übernehmen muss, während der Bekl. 1/3 aller Kosten zu tragen habe. Zu diesen Verfahrenskosten gehören insbesondere die Gebühren der Rechtsanwälte, gerichtliche Gebühren und die Auslagen für die Heranziehung von Zeugen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

AG Halle (Saale), Urteil vom 17. 11. 2016

Pressemitteilung des AG Halle (Saale) 10/2016 vom 17. 11. 2016