Nachruf: Erinnerung an Hermann Lemcke

Hermann Lemcke ist gestorben – diese Nachricht hat uns, wie auch viele seiner meist langjährigen Wegbegleiter, betroffen und traurig gemacht.

Mit Hermann Lemcke hat uns ein, bei allen an der Schadenregulierung beteiligten Personenkreisen, also Richtern, Rechtsanwälten und Mitarbeitern von Versicherern bzw. SVT, anerkannter und geschätzter Kollege verlassen. Es zeichnete ihn besonders aus, auch den eine andere Meinung Vertretenden stets mit Achtung und Respekt vor deren Sicht zu begegnen. Wir alle haben mit ihm einen warmherzigen und verständnisvollen Kollegen und Menschen verloren.

Als brillanter Jurist „aus Überzeugung“ war Hermann Lemcke fachlich ein großes Vorbild für uns alle, nicht umsonst wurde er als ein „Vater des Schadensersatzrechtes“ bezeichnet. Seine fundierten, stets dezidiert vorgetragenen Argumente wurden selbst von denjenigen gehört und gewürdigt, die zu dem jeweiligen Thema eine abweichende Auffassung hatten. Er hatte immer eine eigene Meinung, die nicht zwangsläufig derjenigen des BGH entsprechen musste, die er dann durchaus offensiv vertrat. Mit der Vielzahl seiner Seminare, z.B. bei dem Deutschen Verkehrsgerichtstag, der ARGE-Verkehrsrecht im DAV, MWV bzw. internen Schulungen der Versicherer und seinen Publikationen hat er wesentlich zu der Weiterentwicklung des Schadenersatzrechts beigetragen und die Rechtsprechung maßgeblich geprägt. Beispielhaft genannt seien seine prägenden Ausführungen zu nicht objektvierbaren HWS-Schleudertraumata und die Haftungsprivilegierung nach §§ 104 ff. SGB VII, die sein persönliches „Steckenpferd“ waren. Wichtig war ihm bei seinen Vorträgen stets, vor allem auch jüngeren Kollegen die Notwendigkeit eines profunden fachlichen Wissens als Basis der Schadenregulierung zu vermitteln. Hierzu hat er als jahrzehntelanges Mitglied der Schriftleitung der Zeitschrift „Recht und Schaden“ wesentlich beigetragen, die zu seinen Ehren als bleibende Erinnerung anlässlich seines 75. Geburtstags im Jahr 2011 ein Sonderheft herausgegeben hat, zu dem viele seiner Mitstreiter persönliche Beiträge geliefert haben.

Hermann Lemcke war allerdings nicht „Juristerei pur“. In gemütlichem Kreise nach einer Veranstaltung ergaben sich mit ihm und seiner Frau abseits davon Gespräche, so zu dem von ihm früher mit Erfolg praktizierten Tennis, der von ihm in jungen Jahren – nicht immer in vollem Einklang mit der StVO – gefahrenen Vespa und zu seinen Enkeln. Allerdings konnte es dabei auch gelegentlich vorkommen, dass er sogar spät abends plötzlich auf eine kürzliche, ihn beschäftigende Entscheidung des BGH überwechselte, um mit dem Gesprächspartner intensiv darüber zu diskutieren. Die Begegnungen mit ihm waren Dank seines ausgeprägten trockenen westfälischen Humors stets kurzweilig und unterhaltsam. Als z.B. inmitten seines Vortrags das Handy eines Teilnehmers läutete, fragte er augenzwinkernd „Wenn es privat ist, sollen wir während Ihres Gespräches alle mal kurz rausgehen?“ Auch frotzelte er einen der Verfasser dieses Nachrufs bei gemeinsamen Seminaren angesichts dessen offensichtlichen technischen Unzulänglichkeiten immer wieder gerne freundschaftlich mit Bemerkung: „Da sehen Sie mal Herr Lang, die Technik ist keine Frage der Generationen“.

Wir verlieren mit Hermann Lemcke nicht nur einen außergewöhnlichen Fachmann des Schadensersatzrechtes, sondern vor allem einen wunderbaren Menschen. Wir sind traurig, es bleiben aber viele sehr schöne gemeinsame Erlebnisse, die uns bleibend an ihn erinnern. Er wird uns fehlen.

Herbert Lang und Jürgen Jahnke