OLG Frankfurt/M.: Hochwasser innerhalb des Flussbettes ist keine „Überschwemmung“ im Sinne einer Elementarschadenversicherung

Das OLG Frankfurt/M. hat klargestellt, dass ein im Flussbett stehendes Wehr keinen Überflutungsschaden im Sinne einer Elementarschadensversicherung erleidet, wenn es durch Hochwasser beschädigt wird.

Die Kl. verlangte von der Bekl. Entschädigungsleistungen aus einer Gebäudeversicherung. Die Kl. betreibt ein Wasserkraftwerk in Thüringen. Bestandteil ist u.a. ein Granitwehr. Dieses steht im Flussbett und leitet einen Teil der Wassermassen zur Kraftwerksanlage.

Die Kl. schloss zunächst eine allein auf das Wasserkraftwerk bezogene gewerbliche Gebäudeversicherung ab. Nachfolgend erweiterte sie den Vertrag um das Granitwehr. Das versicherte Risiko sollte nunmehr auch Elementarschäden abdecken. Nr. 4.1 der Allgemeinen Bedingungen der Gebäudeversicherung lautet dabei auszugsweise: „Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch a) Überschwemmung, Rückstau, b) – e)… zerstört oder beschädigt werden.“. Der Begriff „Überschwemmung“ wird in Nr. 4.1.1. als „Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch aa) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern, bb) – cc)…“ definiert.

Im Sommer 2013 kam es zu einem Hochwasser. Der Fluss stieg auf das 40-fache seiner Normalmenge an. Das Granitwehr wurde durch die erhöhte Fließgeschwindigkeit und den angestiegenen Druck erheblich beschädigt. Die Bekl. lehnte eine Schadensregulierung für diese Beschädigungen ab.

Die Kl. klagte daraufhin ihre behaupteten Ansprüche auf Entschädigungsleistungen ein. Das LG hat die Klage abgewiesen, da kein bedingungsgemäßer Überschwemmungsschaden vorliege. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kl. hatte vor dem OLG ebenfalls keinen Erfolg.

Auch nach Ansicht des OLG unterfällt die hochwasserbedingte Beschädigung des Granitwehrs nicht dem versicherten Risiko der „Überschwemmung“. „Hochwasser innerhalb des Bettes eines oberirdisch fließenden Gewässers (ist) keine Überschwemmung“, stellt das OLG heraus. Der Umfang des Versicherungsschutzes sei durch Auslegung der AGB zu bestimmen. Maßstab sei, „wie … ein durchschnittlicher VN bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs“ die Bedingungen verstehen muss. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch liege eine „Überschwemmung“ vor, wenn „eine normalerweise trocken liegende Bodenfläche des versicherten Grundstücks von erheblichen Wassermassen bedeckt wird“, so das OLG. Entsprechend definierten die AGB die Ursache einer Überschwemmung insbesondere als „Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern“. Bei einer „Ausuferung“ trete das Wasser aus seinem Flussbett bzw. über das Ufer aus und überschwemme das anliegende – vormals trockene – Gelände. Auch der Begriff der „Überflutung“ zeige, dass von einer Überschwemmung erst dann auszugehen sei, wenn das Wasser nicht auf normalem Weg abfließe, sondern „auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete“. Hochwasser innerhalb des Bettes eines oberirdisch fließenden Flusses unterfalle damit nicht dem Begriff der Überschwemmung. Da die Schäden an dem Granitwehr innerhalb des Flussbettes eingetreten seien, liege kein von der Elementarschadensversicherung umfasstes Risiko vor.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Kl. hat die Möglichkeit, beim BGH die Zulassung der Revision mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu beantragen.

OLG Frankfurt/M., Urteil vom 1.11.2017 (7 U 53/16)

(Pressemitteilung des OLG Frankfurt/M. vom 14.11 2017)