OLG Hamm: Wohnhaus zwei Jahre älter als angegeben – Rückabwicklung des Kaufvertrags

Der Käufer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks kann die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen, wenn das Wohnhaus nicht – wie im notariellen Vertrag vereinbart – 1997 errichtet wurde, sondern zwei Jahre älter ist. Das hat der 22. Zivilsenat des OLG Hamm am 2.3.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Bielefeld bestätigt.
Das klagende Ehepaar aus P. nimmt die Bekl. aus B. auf Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags in Anspruch. Die Eltern der Bekl. errichteten in den 1990er-Jahren ein Einfamilienhaus in P. Dieses erwarb die Bekl. im Jahr 2008 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Mit einem im Jahr 2013 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag veräußerte die Bekl. das Hausgrundstück an die Kl. und erhielt – nach später vereinbarter Reduzierung wegen vorhandener Mängel – einen Kaufpreis von 600.000 Euro. Der notarielle Kaufvertrag gibt 1997 als Baujahr des Gebäudes an. Tatsächlich wurde das Gebäude bereits zwei Jahre zuvor, im Jahr 1995, bezugsfertig fertiggestellt und erstmals bezogen. Unter anderem unter Hinweis auf das falsch angegebene Baujahr haben die Kl. von der Bekl. im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangt.
Das Klagebegehren war erfolgreich. Den Kl. stehe, so der 22. Zivilsenat des OLG Hamm, wegen des im notariellen Kaufvertrag falsch angegebenen Baujahrs des Hauses ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gegen die Bekl. zu.
Das verkaufte Grundstück habe einen Sachmangel, weil das Haus nicht erst 1997 errichtet worden sei, sondern bereits im ersten Quartal des Jahres 1995. Die Angabe des Baujahrs im Kaufvertrag stelle eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Nach ihr hätten sich die Kl. darauf verlassen dürfen, dass das Haus dem technischen Standard des vereinbarten Baujahrs 1997 entsprach. Tatsächlich sei das Haus bereits im ersten Quartal 1995 bezugsfertig gewesen. Das ergebe sich aus dem Vortrag der Parteien im Rechtsstreit.
Für diesen Mangel habe die Bekl. einzustehen. Der vertraglich vereinbarte Ausschluss einer Sachmängelhaftung gelte nicht für eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache.
Die Pflichtverletzung der Beklagten sei erheblich. Das im notariellen Kaufvertrag falsch angegebene Baujahr rechtfertige das Rückabwicklungsverlangen der Kl. Das folge aus einer Abwägung der beiderseitigen Interessen.
Durch das von der vertraglichen Vereinbarung um zwei Jahre abweichende Baujahr des Gebäudes werde die Kaufsache erheblich beeinträchtigt. Dafür spreche bereits, dass im notariellen Vertrag ausdrücklich ein konkretes Baujahr vereinbart worden sei. Tatsächlich wirke sich die Abweichung auch in einem die Bagatellgrenze überschreitenden Ausmaß auf den Verkehrswert des streitgegenständlichen Grundstücks aus.
Außerdem seien die Kl. durch den in die Kaufvertragsverhandlungen eingeschalteten Vater der Bekl. dessen Verhalten sich die Bekl. zurechnen lassen müsse, über das Baujahr des Hauses arglistig getäuscht worden. Das habe die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme ergeben.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass das falsche Baujahr nicht den einzigen Mangel der Kaufsache darstelle. So hätten sich die Parteien bereits vor Beginn ihrer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen bestehender Mängel auf eine Reduzierung des Kaufpreises um 50.000 Euro verständigt.
Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Kl. schließe die Rückabwicklung nicht aus. Es sei nicht ersichtlich, dass die Kl. beim Abschluss des Kaufvertrags gewusst hätten, dass das Haus entgegen der Angabe des Vaters der Bekl. bereits 1995 und nicht erst 1997 erbaut worden sei.
OLG Hamm, Urteil vom 2.3.2017 (22 U 82/16)

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 27.0.2017