OLG Karlsruhe: Haftung für eine drohende Millionenforderung des kommunalen Versorgungsverbandes gegen den insolventen Betreiber einer Kurklinik

Die Gemeinde W. haftet für eine drohende Millionenforderung des kommunalen Versorgungsverbandes gegen den insolventen Betreiber der Kurklinik W., wobei die Haftung allerdings auf den Standort W. beschränkt ist.

Der kommunale Versorgungsverband Baden-Württemberg (KVBW) bietet eine Zusatz-Altersversorgung für den öffentlichen Dienst an, die von seinen Mitgliedern durch eine Umlage finanziert wird. Im Jahr 1974 wurde die private, örtliche Kurklinik in W. ebenfalls Mitglied und konnte hierdurch ihren Arbeitnehmern diese zusätzliche Altersversorgung verschaffen. Als Voraussetzung der Mitgliedschaft der Kurklinik übernahm die Gemeinde W. eine „Gewährträgerschaft“ für die Zahlungsverpflichtungen der Kurklinik gegenüber dem KVBW.

Die Gemeinde W., die ursprünglich Mehrheitsgesellschafterin gewesen war, gab ihre Beteiligung an der Kurklinik 1978 auf. In den 1980er Jahren wurden zwischen dem KVBW und der Gemeinde Verhandlungen über die Gewährträgerschaft geführt. In der Folgezeit kam es zu verschiedentlichen Betreiberwechseln der Kurklinik und auch zu einer Erweiterung der Klinik auf Standorte außerhalb des Gemeindegebiets von W. Zum 31.12.2014 kündigte die Gemeinde W. vorsorglich die Gewährträgerschaft. In der Folge kündigte der KVBW die Mitgliedschaft der Kurklinik.

Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen des Betreibers der Kurklinik das Insolvenzverfahren eröffnet. Der KVBW macht gegenüber dem Insolvenzverwalter des Betreibers einen Ausgleichsbetrag zur Abgeltung der Rentenlasten für Mitarbeiter der Kurklinik in Höhe von etwa 34 Mio. Euro geltend.

Die Gemeinde W. ist nach Ansicht des KVBW verpflichtet, als Gewährträger für diese Forderung einzustehen. Der KVBW möchte gerichtlich festgestellt haben, dass die Gewährträgerschaft bis zur Kündigung zum Jahresende 2014 fortbestand. Demgegenüber ist die Gemeinde W. der Ansicht, die Gewährträgerschaft habe bereits Ende der 1970er Jahre mit dem Ende ihrer Beteiligung an der Kurklinik, jedenfalls aber im Zuge der Verhandlungen der Parteien in den 1980er Jahren geendet.

Mit dieser Ansicht ist die Gemeinde W. vor dem LG Karlsruhe unterlegen. Die Gemeinde W. hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Der unter anderem für Zusatzversorgungen zuständige 12. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat am 17.1.2019 entschieden, dass die Gewährträgerschaft der Gemeinde W. erst zum Jahresende 2014 durch Kündigung endete. Die Gewährträgerschaft wurde 1974 wirksam übernommen. Dass die Gemeinde W. bereits 1978 ihre Beteiligung an der Kurklinik aufgab, hatte keine Auswirkung auf den Fortbestand der übernommenen Verpflichtung. Die Gewährträgerschaft wurde auch in den im Jahr 1982 geführten Verhandlungen zwischen den Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend beendet. Die Verhandlungen blieben ohne eindeutiges Ergebnis.

Allerdings war die Haftungsübernahme der Gemeinde W. von vornherein durch ihren Wortlaut und die eindeutige Interessenlage auf Verpflichtungen für Arbeitnehmer begrenzt, die in der Kurklinik am Standort W. tätig waren. Sie erstreckt sich also nicht auf Forderungen, die auf Rentenansprüchen von Arbeitnehmern beruhen, die in D. oder H. beschäftigt waren.

Die Frage, in welcher konkreten Forderungshöhe die Gemeinde haftet, ist noch offen. Die Beschränkung der Gewährträgerschaft auf den Standort W. vermindert jedenfalls den Umfang der Haftung für die Gemeinde.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.1.2019 (12 U 189/17) – nicht rechtskräftig –

Pressemitteilung des OLG Karlsruhe  vom 17.1.2019