OLG Celle: Voraussetzungen einer spontanen vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit des VN

Versicherungsvertragsrecht
Sämtliche Versicherungszweige
Voraussetzungen einer spontanen vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit des VN
VVG §§ 19, 22; BGB § 123
* 1. Der Versicherer kann auch dann zur Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein, wenn der VN bei dem Vertragsschluss Umstände verschwiegen hat, nach denen der Versicherer nicht gem. § 19 Abs. 1 S. 1 VVG in Textform gefragt hat. *
* 2. Über die Anzeigepflicht aus § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hinaus kann sich – aus Treu und Glauben – auch eine Aufklärungspflicht des VN in Bezug auf nicht oder nicht ordnungsgemäß in Textform erfragte Umstände ergeben. Es kann dem VN jedoch in der Regel nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben angelastet werden, wenn er den Fragenkatalog des Versicherers als abschließend ansieht und keine weiter gehenden Überlegungen dazu anstellt, welche Umstände für den Versicherer darüber hinaus von Interesse sein könnten. Nach der gesetzlichen Wertung obliegt zunächst dem Versicherer die Mitteilung der Umstände, die er für gefahrerheblich ansieht. Eine spontane Anzeigepflicht besteht daher nur bei Umständen, die zwar offensichtlich gefahrerheblich, aber so ungewöhnlich sind, dass eine auf sie abzielende Frage nicht erwartet werden kann. *
* 3. Bei dem Abschluss einer Pflegeversicherung für ein Kleinkind besteht keine Aufklärungspflicht hinsichtlich einer Entwicklungsverzögerung, wenn der Versicherer hiernach in seinem umfangreichen Fragenkatalog nicht gefragt hat, obwohl diese bereits in seinem System als Ablehnungsgrund hinterlegt war. * Weiterlesen…