Lothar Jaeger: Die Schmerzensgeldklage im Adhäsionsverfahren – ist schnelles Recht auch gutes Recht?

Das Adhäsionsverfahren gibt dem Opfer einer Straftat die Möglichkeit, seine zivilrechtlichen vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Täter schon im Strafverfahren geltend zu machen (§ 403 ff. StPO). Der Adhäsionsprozess beruht auf dem Gedanken des Sachzusammenhangs. Der Sinn der Verbindung von Straf- und Zivilklage liegt darin, dem durch eine Straftat Verletzten möglichst schnell und einfach zu seinem Recht zu verhelfen. Zudem sollen aus Gründen der Prozessökonomie nicht verschiedene Gerichte in derselben Sache tätig werden und zu einander widersprechenden Ergebnissen gelangen.
Die Regeln über das Adhäsionsverfahren waren jedoch lange Zeit nur „totes Recht“. Von den Anwälten wurde das Verfahren nicht betrieben. Die Richter blockten ab und verweigerten eine Entscheidung mit der Begründung, die Anträge eigneten sich nicht für die Erledigung im Strafverfahren.
Deshalb hat der Gesetzgeber zwei Versuche unternommen, die Akzeptanz des Adhäsionsverfahrens durch neue Regeln herbeizuführen. Mit dem OpferRRG von 2004 dürfte dies wenigstens teilweise gelungen sein. Das neugeregelte Adhäsionsverfahren bietet dem Geschädigten ein einfaches und kostengünstiges Verfahren, einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Er kann im Strafverfahren seine zivilrechtlichen (vermögensrechtlichen) Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche, Ansprüche aus Personenschaden und Schmerzensgeldansprüche, durchsetzen, soweit die Ansprüche noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig sind (§ 403 StPO) und soweit sie zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehören. Das gilt ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands auch für Strafverfahren vor den Amtsgerichten.
Nach Verkehrsunfällen, bei denen es zu Körperschäden gekommen ist, bietet das Adhäsionsverfahren für den Geschädigten den Vorteil, einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld schnell zu realisieren, weil der Schädiger diesen Anspruch anerkennen wird, wenn er dadurch eine geringere Strafe oder häufig auch eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße erreichen kann.
Mit solchen Fällen haben es die Strafsenate des BGH jedoch nicht zu tun. Soweit deren Entscheidungen veröffentlicht sind, geht es um schwere Vergehen, meist um Verbrechen. Für diese Verfahren bleibt festzustellen, dass die Schmerzensgeldansprüche von den Strafkammern der Landgerichte in der Regel nicht optimal von Strafverteidigern geltend gemacht werden und dass der oder die dort entscheidenden Tatrichter sich in der ihnen mitunter kaum bekannten zivilrechtlichen Materie zu § 253 BGB betätigen müssen. Nach dem neuen Recht von 2004 muss das Gericht aber in der Regel zumindest über das Schmerzensgeld entscheiden und kann hierüber eine Entscheidung nicht wie früher nahezu problemlos verweigern. Darin werden Ressourceneinsparungen für die Justiz gesehen und eine Stärkung der Opferrechte.

Mit den Vor- und Nachteilen des Adhäsionsverfahrens für den Geschädigten und für den Anwalt befasst sich Lothar Jaeger in seinem Aufsatz, der zugleich eine Anmerkung zu der Entscheidung der Vereinigten Großen Senate (VGS) des BGH vom 16. 9. 2016 (VGS 1/16 – VersR 2017, 180) darstellt.

(Der vollständige Aufsatz ist abgedr. in VersR 2017, 449)