Vincent Schreier, Tarife mit Werkstattbindung in der Kfz-Kaskoversicherung

Vor einigen Jahren hat ein deutscher Kraftfahrtversicherer erstmals eine Tarifpraxis ins Leben gerufen, bei der der VN gegen einen Prämiennachlass verpflichtet ist, seinen Kaskoschaden in einer vom Versicherer ausgewählten Werkstatt reparieren zu lassen. Eine solche Werkstattbindung erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Mittlerweile soll bereits jeder zweite Neukunde einen solchen Tarif wählen. Auch zahlreiche andere Kfz-Versicherer sind diesem Trend gefolgt. Während derartige Tarifgestaltungen hauptsächlich als ein wettbewerbsrechtliches Problem wahrgenommen werden, wurde ihnen im Versicherungsvertragsrecht bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Dies dürfte vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass auch die Rechtsprechung sich mit Werkstattbindungen bisher kaum inhaltlich auseinandergesetzt hat. Unproblematisch sind solche Tarife deshalb aber nicht. So berichtet etwa der Versicherungsombudsmann davon, dass Werkstattbindungstarife immer häufiger Gegenstand von Schlichtungsverfahren sind. Vertragsgestaltungen, die dem VN Anreize zur Kostensenkung setzen, sind auch aus anderen Schadensversicherungszweigen bekannt. Genannt seien etwa sogenannte Hausarztklauseln in der Krankheitskostenversicherung, die die in § 4 Abs. 2 MBKK gewährleistete freie Arztwahl dahin gehend einschränken, dass eine vollständige Kostenerstattung nur erfolgt, wenn für die Heilbehandlung ein Facharzt in Anspruch genommen wird. In der Rechtsschutzversicherung sind mit Blick auf den in §§ 127 Abs. 1, 129 VVG festgelegten Grundsatz der freien Anwaltswahl Regelungen umstritten, nach denen auf eine Rückstufung in eine ungünstigere Schadensfreiheitsklasse verzichtet wird, wenn der VN einen vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwalt beauftragt.
In einem aktuellen Beitrag der VersR stellt der Autor, Vincent Schreier, dar, welche Rechte und Pflichten sich nach dem Inhalt eines Werkstattbindungstarifs für die Parteien im Einzelnen ergeben und wie sich solche Tarifgestaltungen auf die Beratungspflicht des Versicherers und des Versicherungsvermittlers auswirken. Zudem werden die Tarife auf ihre Wirksamkeit hin untersucht, abschließend die Ergebnisse zusammengefasst und es wird ein Vorschlag für die Gestaltung einer Werkstattbindung unterbreitet.

(abgedr. in VersR 2016, 1347)