OLG Hamm: Komplikationen nach der ärztlichen Behandlung sogenannter Besenreiser – Hausarzt haftet nicht

Die Sklerosierungsbehandlung sogenannter Besenreiser erfordert eine umfassende ärztliche Aufklärung des Patienten, wenn es sich um einen rein ästhetischen Eingriff handelt. Wird der Patient ausreichend aufgeklärt, kann der für den Patienten schmerzhafte Umstand, dass Injektionsmittel nicht in eine Vene, sondern in umliegendes Gewebe gelangt, nicht als Behandlungsfehler zu werten sein. Das hat der 26. Zivilsenat des OLG Hamm am 13. 5. 2016 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Bielefeld bestätigt.

Tatbestand:

Die im Jahr 1954 geborene Kl. wandte sich Ende des Jahres 2009 an den bekl. Hausarzt, um sogenannte Besenreiser behandeln zu lassen. Der Bekl. erläuterte der Kl., dass es sich um ein ästhetisches Problem ohne funktionelle Relevanz handle, gleichwohl eine Sklerosierungsbehandlung durchgeführt werden könne. Das Behandlungsverfahren und Komplikationen wurden ebenfalls besprochen.

Im März 2010 suchte die Kl. den Bekl. auf, um die besprochene Behandlung durchführen zu lassen. Der Bekl. setzte eine erste Spritze über den Innenknöchel des rechten Fußes. Unmittelbar danach setzte bei der Kl. ein starkes Brennen ein, sodass der Bekl. die weitere Behandlung abbrach. Die Umgebung der Einstichstelle verfärbte sich und schwoll an. Die Kl. erhielt einen Kompressionsverband. Als die Beschwerden nicht nachließen und sich die Verfärbung ausbreitete, suchte die Kl. schließlich ein Krankenhaus auf, in dem u. a. eine Thrombophlebitis (akute Thrombose) diagnostiziert und behandelt wurde.

Die Kl., die dem Bekl. Aufklärungs- und hilfsweise Behandlungsfehler vorgeworfen hatte, nahm ihn auf Schadensersatz in Anspruch und verlangte u. a. ein Schmerzensgeld i. H. v. 30 000 Euro.

Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Der 26. Zivilsenat des OLG Hamm konnte nach der Anhörung der Parteien und dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten weder einen Aufklärungs- noch einen Behandlungsfehler feststellen.

Aus den Gründen:

Die Aufklärung, insbesondere die Risikoaufklärung der Kl. durch den Bekl. sei ordnungsgemäß erfolgt, so der Senat. Bei der streitgegenständlichen Sklerosierungsbehandlung von Besenreisern seien hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen, weil es sich insoweit um einen rein ästhetischen Eingriff gehandelt habe. Für den Eingriff habe bei der Kl. keine zwingende medizinische Indikation bestanden.

In diesem Fall müsse ein Arzt das Bedürfnis des Patienten, den Eingriff durchführen zu lassen, den damit verbundenen Vorteil der Behandlung in Relation zu den damit eingetauschten Risiken sorgfältig ermitteln und mit dem Patienten besprechen. Verschlechterungsmöglichkeiten und ein Missverhältnis bei dem Tauschrisiko müssten in aller Deutlichkeit angesprochen werden.

Diesen hohen Anforderungen habe die Aufklärung des Bekl. genügt. Das Risiko einer Infektion und einer Schädigung von Blutgefäßen sei erörtert worden. Insoweit sei es allerdings ausreichend, wenn ein Patient über die Folgen der Minientzündung, die zwingende – und gewünschte – Folge der Behandlung sei, aufgeklärt werde. Über das Risiko einer Thrombophlebitis müsse der Patient grundsätzlich nicht aufgeklärt werden, weil diese bei einer regelrechten Besenreiserbehandlung nicht entstehen könne.

Der Bekl. habe die Kl. auch nicht fehlerhaft behandelt. Die vom Bekl. angewandte Flüssigkeitssklerosierung sei nicht kontraindiziert gewesen. Der Bekl. habe auch keine zu große Menge des Sklerosierungsmittels injiziert. Die nach Beginn der Injektion sofort aufgetretenen starken Schmerzen und die anschließende Verfärbung im Bereich der Injektionsstelle sei dadurch hervorgerufen worden, dass das Injektionsmittel nicht in eine Vene, sondern in umliegendes Gewebe gelangt sei. Insoweit habe sich ein Behandlungsrisiko verwirklicht, das keinen Behandlungsfehler darstelle. Schließlich bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der bei der Kl. in der Folgezeit aufgetretenen Thrombophlebitis und der durchgeführten Sklerosierungsbehandlung, sodass der Bekl. auch für die Thrombophlebitis und ihre Folgen nicht einzustehen habe.

OLG Hamm, Urteil vom 13. 5. 2016 (26 U 187/15)

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 12. 9. 2016