OLG Stuttgart entscheidet über Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem Kamelunfall

Der 13. Zivilsenat des OLG Stuttgart hat mit einem Berufungsurteil in einem Zivilrechtsstreit wegen eines Reitunfalls mit einem Kamel ein Urteil des LG Hechingen weitgehend bestätigt und der Kl. ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 Euro sowie Schadensersatz u.a. für Verdienstausfall zugesprochen. Die Berufung des bekl. Kamelführers wurde damit im Wesentlichen zurückgewiesen.

Dem lag zugrunde, dass die Kl. mit ihrer Mutter bei der bekl. Kamelfarm einen einstündigen Kamelausritt unternahm. Dabei lief der Inhaber des Kamelhofs zwischen den beiden Kamelen und führte diese an einer Kette. Die Kamele wurden angehalten, als die Gruppe einige Hunde mit ihren Haltern passierte. Beim Weiterlaufen erschraken die Kamele aufgrund des einsetzenden Hundegebells, liefen nach vorne und vollführten an der Führungsleine eine abrupte Linkswendung. Dadurch stürzte die seinerzeit 27-jährige Kl. und fiel aus einer Sitzhöhe von 1,87 m kopfüber zu Boden. Sie erlitt u.a. schwere Kopfverletzungen sowie erhebliche Einschränkungen in ihrer Erwerbstätigkeit.

Das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung auf die sogenannte Tierhalterhalterhaftung gem. § 833 S. 1 BGB, wobei eine sogenannte Exkulpationsmöglichkeit nach § 833 S. 2 BGB nicht eröffnet sei, da es sich bei dem Kamel nicht – jedenfalls nicht in Deutschland, wo die Kamelhaltung sehr selten sei – um ein Haus- und Nutztier handle. Somit kann der Kamelführer sich nicht auf das Privileg des Haustierhalters, sich durch Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens von der Haftung zu befreien, berufen. Daneben könne der Bekl. sich aber auch deshalb nicht entlasten, da er die bei der Beaufsichtigung der Kamele erforderliche Sorgfalt nicht beobachtet hatte. Vielmehr sei der Kamelführer gleich einem Fahrzeuglenker für die Sicherheit der Reiterin, die das Kamel nicht selbst lenkte, verantwortlich und habe nicht allein beide Kamele mit Führkette am Strick führen dürfen. So habe er nicht so gut auf die beiden Tiere einwirken und die Reiterin nicht vor Gefahren durch die Schreckreaktionen der Kamele schützen können.

Ein Mitverschulden der Kl. etwa wegen des Nichttragens eines Helms, von dem der Bekl. quasi abgeraten und sich dadurch insbesondere sorgfaltswidrig verhalten hatte, schloss der Senat aus. Das Berufungsgericht erhöhte daher auf die Anschlussberufung der Kl. hin das erstinstanzlich zugesprochene Schmerzensgeld von 50.000 Euro auf 70.000 Euro und bestätigte im Wesentlichen den der verletzten Ärztin zugesprochenen Schadensersatz für den Verdienstausfall für die Monate nach dem Unfall in Höhe von rd. 21.000 Euro. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.

OLG Stuttgart, Urteil vom 7.6.2018 (13 U 194/17)

(Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 11.6.2018)