OLG Köln: Unzulässiger Klickköder („Clickbaiting“) – Fernsehzeitschrift darf nicht grundlos das Bild eines Prominenten mit Frage nach Krebserkrankung in Zusammenhang bringen

Eine Programmzeitschrift muss einem bekannten Fernsehmoderator 20.000 Euro bezahlen, weil sie unerlaubt sein Bild als „Klickköder“ verwandt hat. Dies hat der 15. Zivilsenat des OLG Köln mit Urteil vom 28.5.2019 entschieden. Weiterlesen…

Lothar Jaeger: Einfluss der Niedrigzinsphase auf die Bemessung des Schmerzensgeldes

Seit rd. einem Jahrzehnt ist das Zinsniveau insbesondere für Guthabenzinsen rasant gefallen. Während der Zinssatz in den Jahren 1997 bis 2008 für 30-jährige Bundesanleihen noch 4,75 bis 6,5% betrug, sank die Rendite in der Zeit von 2010 bis 2012 für die 30-jährige Bundesanleihe auf 2,5 bis 3,25%, im Jahr 2014 auf 2,5%, Anfang des Jahres 2018 auf 1,25% und seit Ende 2018 werden 0,99% gezahlt. Die Kurse für Pfandbriefe und Sparbriefe sanken in der Zeit von 2008 bis 2018 von rd. 4 auf 1%, die Silvesteranleihe 2018 der Stadtsparkasse Köln-Bonn mit einer Laufzeit von sechs Jahren erbringt 0,75%, der Leitzins der EZB sank von 2008 bis 2013 von 2,5 auf 0%. Eine österreichische Staatsanleihe mit 100-jähriger Laufzeit bietet eine Verzinsung von 2,11% an; sie war innerhalb weniger Stunden dreifach überzeichnet. Bedenkt man, dass der „Normalbürger“ in Kapitalanlagen unerfahren ist und bei der Anlage größerer Beträge der Hilfe eines Anlageberaters bedarf, wird deutlich, dass sich derzeit auch für ganz erhebliche Kapitalbeträge nach Abzug von Steuern, Kosten und Gebühren nahezu keine Rendite erzielen lässt. Wenn man den Finanzberatern glauben darf, wird dies noch viele Jahre so bleiben, was sich leicht an der derzeitigen Rendite für die 30-jährigen Bundesanleihen ablesen lässt. Vielfach werden sogar Negativzinsen diskutiert.
Es stellt sich also die Frage, ob und welchen Einfluss dieser Umstand auf die Bemessung des Schmerzensgeldes haben könnte.

(Der vollständige Beitrag ist abgedr. in VersR 2019, 577)

AG Nürnberg: Absturzsicherung am Hochbett muss sich in ausreichender Höhe über die gesamte Länge des Bettes erstrecken

Das AG Nürnberg hat entschieden, dass eine an einem Hochbett angebrachte Absturzsicherung sich mit Ausnahme eines 30–40 cm breiten Einstiegsbereichs in einer Höhe von mindestens 16 cm über der Oberkante der Matratze über die gesamte Länge des Bettes erstrecken muss. Im Falle eines Sturzes spreche bei unzureichender Absturzsicherung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz in Folge der nicht ausreichenden Sicherung zustande gekommen sei. Weiterlesen…

OLG Braunschweig: Schmerzensgeld für nicht erkannten Darmkrebs

Ein Schmerzensgeld von 70.000 Euro sowie Schadensersatz hat der 9. Zivilsenat des OLG Braunschweig am 28.2.2019 in einem Arzthaftpflichtprozess zugesprochen und damit ein Urteil des LG Braunschweig betätigt.

Die Kläger waren die Erben der verstorbenen Patientin, die noch zu Lebzeiten gegen ihren behandelnden Internisten Klage erhoben hatte, weil dieser ihre Darmkrebserkrankung nicht erkannt hatte. Der Arzt hatte bei der Patientin trotz ihrer zum Teil heftigen Blutungen aus dem Anus lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur diagnostiziert, ohne eine Darmspiegelung gemacht zu haben. Erst als sich die Patientin neun Monate später wegen eines anderen Leidens im Krankenhaus befand, wurde der Darmkrebs entdeckt. Er hatte jetzt bereits Metastasen in der Leber entwickelt.

Dem Arzt war nach den Ausführungen des 9. Zivilsenats ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen, weil er die erforderliche Darmspiegelung nicht durchgeführt hat. Weil dieser Fehler in gravierender Weise gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen habe, greife zugunsten der Patientin eine sogenannte Beweislastumkehr: Nicht die Patientin habe beweisen müssen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und ihren gesundheitlichen Folgen bestanden habe. Vielmehr habe der Arzt den Beweis führen müssen, dass die um neun Monate verspätete Diagnose nicht für den weiteren Krankheitsverlauf der Erblasserin ursächlich geworden sei. Dies, so der 9. Zivilsenat, sei dem Arzt nicht gelungen.

Der Schmerzensgeldanspruch sei auch nicht durch ein Mitverschulden der Patientin gemindert. Auch wenn sie weiterhin aus dem Anus geblutet habe, habe sie deswegen nicht unbedingt nochmals zum Arzt gehen müssen. Zugunsten der Patientin sei zu berücksichtigen, dass sie zuvor bei dem Internisten wegen ihrer rektalen Blutungen abschließend behandelt worden sei und hierfür auch eine Diagnose erhalten habe, die gerade nicht auf Krebs lautete. Hierauf habe die Patientin eine Zeit lang vertrauen dürfen.

OLG Braunschweig, Urteil vom 28.2.2019 ( 9 U 129/15)
Pressemitteilung des OLG Braunschweig vom 10.4.2019