BGH: Pflichten des Versicherungsmaklers bei sachwidrigen Weisungen des (noch) nicht ausreichend beratenen VN

Vertriebsrecht

Versicherungsmakler

Pflichten des Versicherungsmaklers bei sachwidrigen Weisungen des (noch) nicht ausreichend beratenen VN

BGB § 280; VVG §§ 59, 61, 62, 63

* 1. Die Pflichten des Versicherungsmaklers zur Aufklärung und Beratung umfassen vor allem die Fragen, welche Risiken der VN absichern sollte, wie die effektivste Deckung erreicht werden kann, bei welchem Risikoträger die Absicherung vorgenommen werden kann und zu welcher Prämienhöhe welche Risikoabdeckung erhältlich ist. Ein Versicherungsmakler erfüllt diese Pflichten nicht allein dadurch, dass er ohne Prüfung und Erörterung im konkreten Fall den VN auf Lücken einer bestehenden Versicherung sowie die dadurch hervorgerufenen wirtschaftlichen Risiken hinweist und einen Versicherungsschutz gegen alle Risiken empfiehlt. *

* 2. Hat der Versicherungsmakler seine Prüfungs- und Beratungspflichten umfassend erfüllt und entscheidet sich der VN gegen die ihm vorgeschlagene, sach- und interessengerechte Vorgehensweise, kann der Versicherungsmakler für einen unzureichenden Versicherungsschutz des VN nicht verantwortlich gemacht werden. Der Versicherungsmakler ist in diesem Fall nicht verpflichtet, seine Empfehlung zu wiederholen und den VN gegen dessen erklärten Willen erneut zu beraten. *

* 3. Ist der VN noch nicht oder nicht ausreichend beraten worden, darf der Versicherungsmakler keine sachwidrigen Weisungen akzeptieren und hat dafür zu sorgen, dass der VN eine für eine sach- und interessengerechte Entscheidung geeignete Entscheidungsgrundlage erhält. Der Versicherungsmakler darf von der Beratung eines nicht ausreichend informierten VN nur absehen, wenn der VN ihm unmissverständlich erklärt, dass er auf eine weiter gehende Beratung verzichtet. *

* 4. Der Versicherungsmakler, der seiner sekundären Darlegungslast zur Erfüllung seiner Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht genügt hat, ist für seine Behauptung einer sach- und interessenwidrigen Weisung des VN und dessen Verzicht auf eine weiter gehende Beratung darlegungs- und beweisbelastet. *

* 5. Hat der VN auf einen umfassenderen Versicherungsschutz und eine weiter gehende Beratung durch den Versicherungsmakler verzichtet, ist dieser nicht gehalten, bei unveränderter Sachlage auf die damit verbundenen Risiken erneut hinzuweisen. *

BGH, Urteil vom 10. 3. 2016 (I ZR 147/14, Karlsruhe)

(Die vollständige Entscheidung ist abgedr. in VersR 2017, 158)