KG: Nach Unfall auf Glatteis kein Schadensersatz für Hotelbesucher

Das KG hat die Berufung eines Geschäftsmanns, der am 20.1.2014 auf dem Gehweg vor einem Fünf-Sterne-Hotel bei Glatteis gestürzt war und erstinstanzlich vor dem LG Berlin erfolglos Schadensersatz vom der Hotelbetreiberin verlangt hatte, durch Beschluss vom 7.11.2017 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.

Tatbestand:

Der Geschäftsmann hatte im Wege der Teilklage zunächst 10.000 Euro Schmerzensgeld gefordert, hielt aber ein Schmerzensgeld von insgesamt ca. 75.000 Euro für angemessen. Zudem behauptete er außergerichtlich, aufgrund des Unfalls mit stationärer Behandlung sei er nicht in der Lage gewesen, ein Darlehen über 200.000 Euro aufzunehmen, das binnen drei Monaten zu einem Ertrag in Höhe von 2 Mio. Euro und im weiteren Verlauf zu einer Ausschüttung in Höhe von 35 Mio. Euro für ihn oder seine Gesellschaft geführt hätte.

Das LG hat mit Urteil vom 16.7.2015 die Klage abgewiesen. Es könne offenbleiben, ob die Hotelbetreiberin ihre Räum- und Streupflichten auf dem vor dem Hotel befindlichen Gehweg verletzt habe. Jedenfalls habe der Geschäftsmann nicht bewiesen, dass er in einem Bereich des Gehwegs gestürzt sei, für den die Hotelbetreiberin streupflichtig gewesen sei. Dementsprechend hat das LG auf die Widerklage der Hotelbetreiberin festgestellt, dass dem Kl. weder ein Schadensersatzanspruch aufgrund entgangenen Gewinns von 1,8 Mio. Euro noch darüber hinausgehende Ansprüche zustünden (vgl. Pressemitteilungen Nr. 29/2015 vom 23.6.2015 und 36/2015 vom 16.7.2015).

Auch in zweiter Instanz hatte der klagende Geschäftsmann keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Das KG bestätigte in seinem Beschluss die Auffassung des LG, dass den Anlieger einer Straße nur die Pflicht treffe, den Gehweg auf einem mittigen Streifen von ca. 1,5 m Breite zu räumen bzw. mit abstumpfenden Mitteln zu streuen, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergebe. Dies sei vorliegend zu verneinen. Am Rand des Bürgersteigs im Bereich der Unfallstelle hätten sich keine Notrufsäulen, Parkscheinautomaten oder sonstige Einrichtungen befunden, die es erfordert hätten, einen Streifen an der Bordsteinkannte zu streuen. Auch sei nicht ersichtlich, dass ein hohes Fußgängeraufkommen in diesem Bereich geherrscht habe, selbst wenn es sich um den Bürgersteig vor einem großen 5-Sterne-Hotel gehandelt habe. Denn die Haupteingänge des Hotels würden sich an einer anderen Straße befinden; zudem verfüge das Hotel unstreitig über eine große Tiefgarage.

Die erstinstanzliche Beweisaufnahme sei nicht zu beanstanden. Daher könne nicht festgestellt werden, dass der Kl. in dem Bereich gestürzt sei, für den eine Räum- und Streupflicht bestanden habe.

Auch im Hinblick auf zahlreiche Entscheidungen anderer Senate des KG bzw. von weiteren Oberlandesgerichten sei eine Entscheidung zugunsten des Gestürzten nicht geboten, da die Umstände des Einzelfalls hier anders lägen.

Ebenso wenig sei es erforderlich gewesen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Eine solche könne notwendig sein, wenn die Rechtsverfolgung für den Kl. existenzielle Bedeutung habe. Dies sei hier zu verneinen. Zwar berufe sich der Geschäftsmann auf wirtschaftlich existenzielle Folgen durch den Rechtsstreit, für den der Streitwert auf 30 Mio. Euro festgesetzt worden sei. Dadurch sei er nunmehr gezwungen, die eidesstattliche Versicherung abzugeben, nachdem die Landesjustizkasse vergeblich Gerichtskosten in Höhe von knapp 325.000 Euro zu vollstrecken versucht habe. Das KG wies dieses Argument zurück. Es gehe hier nicht um die (körperlichen) Folgen aus dem Glatteisunfall, sondern allein um die finanziellen Folgen, die sich aus den Kosten des von ihm veranlassten Rechtsstreits ergäben. Dem Kläger, der als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei, müssten die finanziellen Risiken bewusst gewesen sein, die daraus resultierten, dass er vorprozessual so hohe Schadensersatzansprüche aufgrund entgangenen Gewinns in den Raum gestellt habe. Zudem würde eine mündliche Verhandlung noch weitere Kosten aufgrund der dann höheren Vergütung der Rechtsanwälte beider Parteien verursachen.

Gegen den Beschluss des KG, das die Revision nicht zugelassen hat, ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof möglich.

KG, Beschluss vom 7.11. 2017 (4 U 113/15)

(Pressemitteilung des KG Nr. 72 vom 20. 11. 2017)