OLG Frankfurt/M. bestätigt überwiegende Haftung eines Fahrradfahrers, der einen Fahrrad-Schutzstreifen entgegen der Fahrtrichtung nutzt

Das OLG Frankfurt/M. hat auf die erhöhten Sorgfaltsanforderungen hingewiesen, die einen Fahrradfahrer treffen, der einen sogenannten Fahrrad-Schutzstreifen in Gegenrichtung befährt.

Der Kl. nimmt den Bekl. auf Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Unfall in Anspruch. Der bekl. Fahrradfahrer fuhr in Gegenrichtung auf einem Fahrrad-Schutzstreifen in der belebten Innenstadt von Frankfurt/M. Seine Geschwindigkeit betrug 10–12 km/h. Der Kl. wollte als Fußgänger diesen Schutzstreifen in der Nähe eines Fußgängerüberwegs überqueren. Bei diesem Versuch wurde er von dem Fahrrad des Bekl. niedergerissen. Weiterlesen…

OLG Hamm: Elfjähriger Radfahrer kann für Zusammenstoß mit 57-jähriger Radfahrerin allein haften

Verursacht ein verkehrswidrig fahrender, elfjähriger Radfahrer einen Zusammenstoß mit einer 57-jährigen Radfahrerin, bei dem diese erhebliche Verletzungen leidet, kann der Elfjährige für die Unfallfolgen der Radfahrerin allein zu haften haben. Das hat der 9. Zivilsenat des OLG Hamm am 16.9.2016 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Dortmund bestätigt. Weiterlesen…

Rainer Wenker: Verkehrsunfälle zwischen Radfahrern und Kfz

Der Arbeitskreis IV des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2017 befasst sich mit der Sicherheit des Radverkehrs. Im Jahr 2015 ereigneten sich in Deutschland mehr als 2,5 Mio. Verkehrsunfälle, davon 305 659 mit Personenschäden. Bei immerhin 78 341 dieser Unfälle, also mehr als 25 %, wurden Fahrradfahrer verletzt. Davon erlitten 383 tödliche Verletzungen. Soweit ein Fehlverhalten des Radfahrers unfallursächlich war, beruhte dies besonders häufig auf einer falschen Benutzung der Straße. Weiterlesen…

OLG Hamm: Radfahrersturz auf Bahnschienen in der Zeche Zollverein – selbst verschuldet

Stürzt eine Radfahrerin beim Überqueren alter, in ihrem ursprünglichen Zustand belassener Bahnschienen auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Zeche Zollverein, kann sie für den Unfall selbst verantwortlich sein und von der für den Unterhalt der Zeche verantwortlichen Stiftung keinen Schadensersatz beanspruchen. Auf diese Rechtslage hat der 6. Zivilsenat des OLG Hamm mit Beschluss vom 9. 6. 2016 hingewiesen. Nach dem erteilten Hinweis hat die klagende Radfahrerin ihre Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des LG Essen vom 4. 2. 2016 (1 O 76/15) zurückgenommen. Weiterlesen…

AG Coburg: Vorsicht Hund – Schadensersatzklage eines Radfahrers

Das AG Coburg wies die Schadensersatzklage eines Radfahrers, der nach dem Anbellen durch einen Hund auf einem breiten Weg gestürzt war, ab. Grund für den Unfall war nicht die „spezifische Tiergefahr“, sondern eine unangemessene Schreckreaktion des Klägers.

Tatbestand:

Der junge und sportlich aktive Kläger war mit seinem Fahrrad auf einem mindestens 2,30 m breiten und gerade verlaufenden Weg unterwegs zur Schule und hörte dabei über Ohrstöpsel Musik. Der beklagte Hundehalter hatte angesichts des nahenden Radfahrers das nicht übermäßig große Tier direkt am Halsband festgehalten und am Wegesrand gewartet, um den Kläger passieren zu lassen. Als das Rad auf Höhe des Hundes war, bellte dieser einmal und machte eine kurze Bewegung in Richtung des Klägers. Der stürzte kurz nach dieser Begegnung und zog sich Verletzungen im Gesicht und auch an den Zähnen zu.

Der Radfahrer behauptete, der Hund habe einen Satz in Richtung Wegesmitte gemacht. Zwar habe der Hundehalter das Tier festhalten können, jedoch sei der Kläger so erschrocken, dass er eine spontane Ausweichbewegung gemacht hätte, wobei er gestürzt sei. Wegen der erlittenen Verletzungen wollte der Kläger deshalb u.a. Schmerzensgeld im vierstelligen Bereich.

Der beklagte Tierhalter schilderte die Situation so, dass zwar sein Hund versuchte, hochzuspringen, ihm dies jedoch nicht gelang. Auf das Bellen habe der Kläger auch gar nicht reagiert. Er sei vielmehr mit hoher Geschwindigkeit vorbeigefahren und erst dann gestürzt.

Nach der Vernehmung einer Zeugin hat das AG die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen:

Zwar ist der Halter eines Tieres immer auch unabhängig von einem eigenen Verschulden dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn durch sein Tier jemand verletzt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich eine sogenannte „spezifische Tiergefahr“ verwirklicht.

Problematisch ist dies bei menschlichen Schreckreaktionen. Sind diese – gemessen an der Bevölkerungsgruppe des Verletzten – als Reaktion auf das Verhalten eines Tieres noch verständlich und nachvollziehbar, haftet der Tierhalter. Bei kleinen Kindern oder alten Menschen kann etwa das einmalige Anbellen durch einen Hund bereits genügen. Reagiert der Betroffene aber völlig unverständlich und überzogen, ist er für seinen dann eintretenden Schaden selbst verantwortlich.

Von einer solchen unangemessenen Schreckreaktion ging das Amtsgericht auch in diesem Fall aus. Der eher kleine Hund wurde an der Seite des breiten Weges festgehalten, hatte nur einmal gebellt und sich kurz in Richtung des Klägers bewegt. Der Kläger hatte den Hund schon frühzeitig erkennen und sich dementsprechend auf die Situation einstellen können. Es war auch klar erkennbar, dass der Hund nicht frei umherlief, sondern vielmehr der Beklagte das Tier festhielt. Der Kläger hätte also ohne weiteres langsam fahren oder das Rad auch ein kurzes Stück schieben können. Er fuhr jedoch, über seine Ohrstöpsel Musik hörend, am Beklagten und dessen Hund vorbei.

Die dann zum Sturz führende Reaktion des Klägers ist damit nicht mehr auf die spezifische Gefahr des Hundes zurückzuführen, sondern stellt nach der Entscheidung des Amtsgerichts eine schuldhafte Überreaktion dar, weshalb die Klage keinen Erfolg hatte.

Nach dem Gesetz haftet der Halter eines Tieres, das kein Nutztier ist, auch dann für Schäden, die ein Dritter durch das Tier erleidet, wenn den Tierhalter kein Verschulden trifft. Voraussetzung für diese sehr weitgehende Gefährdungshaftung ist, dass sich gerade die spezifische Gefahr des betroffenen Tieres verwirklicht. Davon kann aber dann keine Rede mehr sein, wenn der Dritte vollkommen unangemessen und überzogen auf das Verhalten des Tieres reagiert.

AG Coburg, Urteil vom 28.8.2013 (12 C 766/13)

Das Urteil ist rechtskräftig.

Pressemitteilung PM26/15 vom 17.11.2015.