OLG Köln: Krankenversicherer darf den Patienten auf einen vermuteten Behandlungsfehler des Arztes hinweisen

Ein privater Krankenversicherer darf den Patienten auf einen vermuteten Behandlungsfehler des Arztes hinweisen. Der 5. Zivilsenat des OLG Köln wies die Berufung eines bereits in erster Instanz unterlegenen Zahnarztes durch Beschluss zurück. Weiterlesen…

BGH: Kein Honorar bei fehlerhafter zahnärztlich-implantologischer Leistung, wenn die Nachbehandlung nur noch zu „Notlösungen“ führen kann

Der III. Zivilsenat des BGH hat sich in einer Entscheidung vom 13.9.2018 u.a. mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen der Honoraranspruch eines Zahnarztes für implantologische Leistungen entfällt, wenn die Implantate fehlerhaft eingesetzt wurden und eine Korrektur ihrer Position durch Nachbehandlung nicht möglich ist.

Sachverhalt:

Die Kl. nimmt die Bekl. aus abgetretenem Recht des Zahnarztes Dr. L. (Streithelfer) auf Honorarzahlung in Anspruch.

Der Streithelfer setzte bei der Bekl. acht Implantate ein. Da die Patientin die Behandlung vorzeitig abbrach, unterblieb die vorgesehene prothetische Versorgung der Implantate, die sich derzeit noch im Kieferknochen befinden.

Für die Teilleistungen stellte die Kl., an die der Streithelfer seine Honorarforderungen abgetreten hatte, 34.277,10 Euro in Rechnung. Die Bekl. verweigerte die Bezahlung. Gegenüber dem geltend gemachten Honoraranspruch hat sie sich u.a. darauf berufen, dass sämtliche Implantate unbrauchbar seien, weil sie nicht tief genug in den Kieferknochen eingebracht und falsch positioniert worden seien. Ein Nachbehandler könne eine den Regeln der zahnärztlichen Kunst entsprechende prothetische Versorgung des Gebisses aufgrund der Fehler des Streithelfers nicht mehr bewirken. Bei den noch in Betracht kommenden Behandlungsalternativen bestehe nur noch die Wahl zwischen „Pest und Cholera“. Weiterlesen…

OLG Hamm: Milchzähne fehlerhaft beschliffen – 2000 Euro Schmerzensgeld

Ein grober zahnärztlicher Behandlungsfehler kann vorliegen, wenn beim Beschleifen von Milchzähnen zu viel Material abgetragen wird und eine ungleichmäßige Oberfläche entsteht. Das hat der 26. Zivilsenat des OLG Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Detmold bestätigt.

Die Kl. befand sich in der kieferorthopädischen Behandlung der bekl. Zahnärzte. Bei der Kl. sind mehrere bleibende Zähne nicht angelegt. Die an ihrer Stelle vorhandenen Milchzähne sollten solange wie möglich erhalten bleiben und später durch Implantate ersetzt werden. Im Frühjahr 2013 beschliff eine in der Praxis arbeitende, im Prozess mitverklagte Zahnärztin die Milchzähne der seinerzeit 18 Jahre alten Kl., um die spätere implantologische Versorgung vorzubereiten. Die Milchzähne wurden in ihrer Breite reduziert, was aus Sicht der Bekl. geboten war, um später passgenaue Implantate einsetzen zu können. Dieses „Slicen“ hielt die Kl. für eine fehlerhafte Behandlung, die zudem fehlerhaft durchgeführt worden sei, weil die Milchzähne nach dem Entfernen des Zahnschmelzes sehr temperaturanfällig gewesen seien und sich in kurzer Zeit Karies gebildet habe. Die Kl. verlangte deswegen 2000 Euro Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht der Bekl. für künftige materielle und immaterielle Schäden. Weiterlesen…

OLG Hamm: Patientenwunsch rechtfertigt keine Fehlbehandlung

In einer aktuellen Pressemitteilung befasst sich das OLG Hamm mit einer Entscheidung des 26. Zivilsentats. Hier ging es um eine fehlerhafte zahnärztliche Behandlung:

„Verlangt ein Patient eine Behandlung, die gegen medizinischen Standard verstößt, muss ein Arzt diese ablehnen. Auch eine eingehende ärztliche Aufklärung über die möglichen Behandlungsfolgen legitimiert kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen. Unter Hinweis auf diese Grundsätze hat der 26. Zivilsenat des OLG Hamm am 26.4.2016 die erstinstanzliche Verurteilung eines Zahnarztes aus H. durch das LG Bochum bestätigt.“

Tatbestand

„Die heute fünfzigjährige Klägerin aus H. ließ sich von Ende des Jahres 2008 bis Anfang des Jahres 2010 vom beklagten Zahnarzt behandeln. Sie war mit einer durch einen anderen Zahnarzt eingegliederten Krone im Seitenzahnbereich unzufrieden und äußerte den Wunsch nach einer Sanierung ihrer Frontzähne. Der Beklagte stellte in ihrer Funktion gestörte Kiefergelenke, eine craniomandibuläre Dysfunktion (CMD), fest. Diese wollte er zunächst mit einer Aufbissschiene therapieren, sodann die Seitenzähne stabilisieren, um erst dann mit der Sanierung der Frontzähne zu beginnen. Auf Wunsch der Klägerin  – so die Darstellung des Beklagten – begann er dann jedoch vorzeitig mit der Frontzahnsanierung. Infolge der Behandlung stellten sich bei der Klägerin eine zu niedrige Bisshöhe und eine Kompression der Kiefergelenke ein. Wegen der nach ihrer Auffassung fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung hat die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. 25.000 Euro Schmerzensgeld, ca. 17.300 Euro Haushaltsführungsschaden sowie die Rückzahlung des an den Beklagten geleisteten Zahnarzthonorars von ca. 3750 Euro.

Das LG hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben, die Ersatzpflicht des Beklagten für weitere Schäden festgestellt und ihn zur Rückzahlung des Zahnarzthonorars verurteilt. Die Ermittlung der konkreten Schadenshöhe hat das Landgericht dem – noch durchzuführenden – Betragsverfahren vorbehalten.
Die Berufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist erfolglos geblieben.“

Aus den Günden:

„Der von einem zahnmedizinischen Sachverständigen beratene 26. Zivilsenat des OLG Hamm hat die vom LG dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzpflicht des Beklagten bestätigt. Die Klägerin habe, so der Senat, unter einer CMD geglitten. Diese habe der Beklagte zunächst auch fachgerecht therapieren wollen. Hiervon habe er sich aber abbringen lassen und die notwendige Schienentherapie nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt. Die endgültige Frontzahnsanierung habe er behandlungsfehlerhaft zu früh begonnen. Hierdurch sei die Bisshöhe falsch festgelegt worden, es habe sich eine Kompression der Kiefergelenke eingestellt, die durch die weitere Behandlung nicht beseitigt worden sei.
In diesem Zusammenhang könne sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin ein Vorziehen der Frontzahnsanierung ausdrücklich verlangt habe. Selbst wenn man ein solches Verlangen unterstelle, verstoße die gewünschte Behandlung gegen den medizinischen Standard und habe vom Beklagten abgelehnt werden müssen. Auch eine eingehende ärztliche Belehrung über die möglichen Behandlungsfolgen legitimiere kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen. Im Übrigen habe der Beklagte auch nicht hinreichend dargelegt, die Klägerin eindringlich auf die dauerhaften Beeinträchtigungen und Auswirkungen einer perpetuierten CMD hingewiesen zu haben.
Die Klägerin habe zudem Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Zahnarzthonorars. Die Leistung des Beklagten sei insgesamt unbrauchbar gewesen und könne bei der künftigen zahnärztlichen Behandlung der Klägerin keine Verwendung finden.
Rechtskräftiges Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26.04.2016 (26 U 116/14)“

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 27.6.2016