VersR REPORT: Ausgewählte Rechtsprechung zum Haftungs- und Schadensrecht

Von Prof. Dr. Oliver Brand und Lothar Jaeger

I. Einführung

Die im Berichtszeitraum Sommer 2022 bis Sommer 2023 ergangene Rechtsprechung auf dem Gebiet des Haftungs- und Schadensrechts ist zu umfangreich, um in einem gedrängten Beitrag auch nur einen Überblick, geschweige denn eine kritische Würdigung, geben zu können. Nachfolgend sollen daher lediglich schlaglichthaft Felder des Haftungs- und Schadensrechts beleuchtet werden, zu denen besonders viele Entscheidungen ergangen sind (II. Dieselfälle und VI. Mitverschulden), auf denen es zu wichtigen Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung gekommen ist (III. Schockschäden), oder zu denen noch Grundlagenfragen zu klären waren (IV. Hinterbliebenengeld). Beobachtungen zu interessanten oder wichtigen Einzelentscheidungen runden den Beitrag ab.

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BGH: Erste Entscheidung zum Software-Update der Volkswagen AG bei einem Kauf nach Bekanntwerden des „Dieselskandals“

Der u.a. für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat sich erstmals zu der Frage geäußert, ob dem Käufer eines mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgestatteten Gebrauchtwagens, der sein Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des sog. Dieselskandals gekauft hat, Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG zustehen, weil in dem zur Beseitigung einer unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware entwickelten Software-Update nach der Behauptung des Käufers ein „Thermofenster“ implementiert ist und das Update negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß hat. Der Senat hat in diesem Fall Schadensersatzansprüche verneint. Weiterlesen…

BVerfG: Verfassungsbeschwerden anlässlich der Durchsuchung einer Anwaltskanzlei im Zuge des „Diesel-Skandals“ erfolglos

Die Anordnung der Durchsuchung des Münchener Büros der Rechtsanwaltskanzlei Jones Day und die Bestätigung der Sicherstellung der dort aufgefunden Unterlagen zum Zwecke der Durchsicht sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichten Beschlüssen entschieden und zwei Verfassungsbeschwerden der Volkswagen AG, zwei Verfassungsbeschwerden der Rechtsanwaltskanzlei Jones Day und eine Verfassungsbeschwerde dort tätiger Rechtsanwälte nicht zur Entscheidung angenommen, mit denen sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer gegen die genannten Maßnahmen und die diese bestätigenden Entscheidungen der Fachgerichte gewendet haben. Zur Begründung hat die Kammer angeführt, dass die Volkswagen AG durch die Sicherstellung weder in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt ist und im Hinblick auf die Durchsuchung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die Rechtsanwaltskanzlei Jones Day ist nicht grundrechtsberechtigt und deshalb nicht beschwerdeberechtigt; eine Beschwerdebefugnis der dort tätigen Rechtsanwälte ist nicht ersichtlich. Weiterlesen…