LG Frankfurt/M.: Anleger von Wirecard haben keinen Schadensersatzanspruch gegen die BaFin

Die für Amtshaftungen zuständige 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. hat in vier Verfahren über Klagen von Anlegern der Wirecard-Aktien gegen die BaFin verhandelt und die Klagen abgewiesen.

Die Kl. hatten sich vor dem sog. Wirecard-Skandal als Aktionäre an der Wirecard-AG beteiligt. Infolge der Insolvenz des Unternehmens im Juni 2020 erlitten sie erhebliche Verluste. Die Kl. haben nun von der BaFin Schadensersatz in unterschiedlicher Höhe von rd. 3000 € bis rd. 60.000 € verlangt. Sie sind der Meinung, die bekl. BaFin habe die Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen.

Die Richter der Amtshaftungskammer des LG haben in der Verhandlung ausgeführt, dass Schadensersatzsprüche von Anlegern gegen die BaFin im Wirecard-Skandal nicht bestehen. Nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften nehme die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber im Interesse einzelner Anleger. „Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der BaFin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter Drittschutz“, erklärte der Vorsitzende. Weiterlesen…

OLG Oldenburg: Schmerzensgeld nach Unfall beim Überholvorgang mit einem Fahrrad?

Fast 80 % der Oldenburger benutzen regelmäßig ihr Fahrrad. Dabei kommt es manchmal auch zu Gefahrensituationen. Der 2. Senat des OLG hat jetzt in einem solchen Fall ein Urteil gefällt.

Tatbestand:

Der Kläger war mit seinem Rad auf der A.-Straße stadtauswärts unterwegs. Der Beklagte kam mit seinem Fahrrad aus der Einfahrt des dort befindlichen Häuserblocks, er fuhr langsam und unsicher. Der Kläger fuhr eine kurze Strecke hinter dem Beklagten her und setze dann zum Überholen an. Weil der Beklagte in diesem Moment mit seinem Fahrrad erheblich nach links ausschwenkte, kam es zu einer Kollision. Der Kläger fiel zu Boden, seine Schulter war verrenkt, eine Sehne abgerissen. Er musste zwei Tage im Krankenhaus behandelt werden und war eine Woche krankgeschrieben. Es folgte eine längere Physiotherapie.

Das LG hatte das Begehren des Klägers nach Schmerzensgeld und Schadensersatz zurückgewiesen. Der Kläger, so das LG, hätte nicht überholen dürfen, weil er den erforderlichen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 m zu dem Beklagten nicht habe einhalten können.

Der Senat sah dies anders.

Aus den Gründen:

Ein Überholen setze nicht generell einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 m voraus – dies würde bedeuten, dass Fahrradfahrer sich fast im gesamten Stadtgebiet nicht überholen dürften. Es komme vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Im konkreten Fall weise der Radweg eine ausreichende Breite zum Überholen aus, zumal der Radweg nur optisch von dem breiten Fußweg abgegrenzt ist. Der Beklagte habe durch seinen Linksschwenk gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 1 StVO) verstoßen, nach dem sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten müsse, dass kein anderer gefährdet oder behindert werde. Den Kläger treffe aber ein Mitverschulden von 50 %, weil er hätte erkennen können, dass der Beklagte unsicher fuhr.

Der Beklagte muss dem Kläger jetzt ein Schmerzensgeld von 3.500 Euro zahlen, sowie die Hälfte seines Sachschadens (Fahrten zur Physiotherapie, beschädigte Kleidung) ersetzen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OLG Oldenburg, Urteil v. 21.9.2021 (2 U 121/21)

Pressemitteilung Nr. 31/2021 des OLG OLdenburg vom 27.9.2021

OLG Frankfurt: 50 cm hoch gespannte signalrote Slackline im Free-style-Bereich begründet keine Verkehrssicherungspflicht eines Fitnessstudiobetreibers

Das Spannen einer signalroten, sich von der Umgebung deutlich abhebenden Slackline in einer Höhe von ca. 50 cm auf einer Breite von 6-8 m in einem Free-style-Bereich eines Fitnessstudios stellt keinen Zustand dar, den ein umsichtiger Kunde des Studios nicht erkennen und sich dagegen mit der gebotenen Aufmerksamkeit nicht selbst schützen kann. Das OLG Frankfurt am Main hat deshalb Schadensersatzansprüche der gestürzten Klägerin mit heute veröffentlichter Entscheidung zurückgewiesen.

Das Streben nach höherer Rente durch Ausnutzung von Gestaltungsmöglichkeiten ist kein Rechtsmissbrauch

Behörden und Instanzgerichte greifen gelegentlich daneben

Die gerade 63 Jahre alt gewordene schwerbeschädigte Klägerin strebte in die Rente. Sie erkundigte sich im Januar 2014 bei der Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Rentenhöhe, die unter Berücksichtigung „fiktiver Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt“ gem. § 262 SGB VI monatlich 922,84 € betragen sollte. Am 30.4.2014 erhielt die Klägerin bei einem persönlichen Beratungstermin vom Rentenversicherungsträger die als unverbindlich bezeichnete Auskunft, bei Rentenbeginn am 1.7.2014 betrage die Rente 934,79 €. Weil die Klägerin noch in den „Genuss des Weihnachtsgeldes“ kommen wollte, beantragte sie am 15.7.2014 die Rente ab 1.12.2014. Im Rentenbescheid wurde die Rente mit 886,96 € festgesetzt. Die geringere Rente beruht darauf, dass die Klägerin durch die für wenige Monate fortgesetzte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit einige „Entgeltpunkte“ hinzuerworben hatte, so dass die erarbeiteten Entgeltpunkte gerade die Grenze überschritten, bis zu der ihr die oben genannten „fiktiven Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt“ hätten gewährt werden können. All dies wurde vom Sozialgericht rechtskräftig festgestellt. Die anschließende Klage, mit der die Klägerin vor dem OLG Koblenz (Urt. v. 6.2.2020 – 1 U 1272/19, aufgehoben durch BGH v. 11.3.2021 – III ZR 27/20, VersR 2021, 1043) Amtshaftungsansprüche auf Zahlung der monatlichen Differenz von 45,41 € geltend gemacht hat, wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Weiterlesen…

Na endlich! – Englischer Fußball-Verband reagiert auf Demenzrisiken

Es ist schon eine Weile her. Da wurde vor erheblichen gesundheitlichen und damit untrennbar verbundenen Haftungsrisiken im Sport gewarnt (vgl. Langheid, „Kopf an Kopf“, VW 2019, 88). Die massiven Schadensersatzforderungen von Spielern der NFA oder der NHL, wie sie in den USA gang und gäbe waren und sind, drohten auch nach Europa zu gelangen. Passiert ist – bisher – nichts. Auf Verbandsseite scheint, wenn man der veröffentlichten Meinung glauben darf, das Problem noch nicht angekommen zu sein. Auf Versichererseite auch nicht. Das mag (auch) daran liegen, dass es bislang keine ernsthaften Schadensersatzforderungen gibt. Entweder schlafen die präsumptiven Opfer und die nach ihnen benannten Anwälte oder aber deutsche Schädel und ihr Inhalt erweisen sich als stoßresistenter als auswärtige Modelle. Weiterlesen…