OLG Oldenburg: Haftung nach Auffahrunfall – „Vollbremsung aus dem Nichts“

Bei einem Auffahrunfall stellt sich schnell die Frage, wer für den Schaden verantwortlich ist und für ihn aufzukommen hat. Auch wenn zunächst einmal die Kfz-Versicherer zahlen, wird die Frage der Haftung spätestens dann relevant, wenn die zahlende Versicherung die Versicherungsprämie wegen des Schadens heraufsetzen möchte. Weiterlesen…

OLG Hamm: Radweg entgegen der Fahrtrichtung genutzt – 1/3 Mitverschulden

Eine Radfahrerin, die beim Befahren eines Radwegs entgegen der Fahrtrichtung mit einem wartepflichtigen Pkw kollidiert, kann 1/3 ihres Schadens selbst zu tragen haben. Dass sie keinen Schutzhelm getragen hat, erhöht – bei dem Unfallereignis aus dem Jahre 2013 – ihren Eigenhaftungsanteil nicht. Das hat der 9. Zivilsenat des OLG Hamm am 4.8.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Grundurteil des LG Essen vom 30.9.2016 (9 O 322/15) teilweise abgeändert.

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OLG Hamm beurteilt „rechts vor links“ im Straßenrondell

Ein Radfahrer, der eine in Form eines Rondells ausgestaltete Straßenkreuzung überquert, bei der die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gilt, verletzt die Vorfahrt eines von rechts in das Rondell einfahrenden Kfz, wenn nicht sichergestellt ist, dass er das Rondell vor dem Kfz räumen kann. Wird er vom Fahrer des Kfz übersehen, kann diesen ein Mitverschulden an dem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge treffen. Das hat der 9. Zivilsenat des OLG Hamm unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Münster am 17.1.2017 entschieden. Weiterlesen…

OLG Hamm: Stute verletzt Tierarzt – ¼ Mitverschulden des Tierarztes

Verletzt eine Stute einen Tierarzt, der ihr Fohlen behandeln will, kann dem Tierarzt ein – im konkreten Fall mit einem Anteil von ¼ zu bemessendes – Mitverschulden anzurechnen sein, weil er sich der Stute in einer erkennbar gefährlichen Situation unsachgemäß genähert hat und dann durch einen Tritt des Pferdes verletzt wurde. Das hat der 6. Zivilsenat des OLG Hamm am 19. 12. 2016 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des LG Arnsberg entschieden. Weiterlesen…

LG Trier: Kein Schmerzensgeld bei Defekt der einzigen Toilette in einer Regionalbahn

Wer wegen des Ausfalls der einzigen Toilette in einer Regionalbahn stundenlangen Harndrang aushalten muss und nach Ankunft am Zielbahnhof unkontrolliert die Blase entleert, hat gegen das Verkehrsunternehmen keinen Anspruch auf Schmerzensgeldzahlung, wenn zumutbare Möglichkeiten bestanden, die Fahrt zu unterbrechen. Das hat das LG Trier auf die Berufung des bekl. Verkehrsunternehmens entschieden, nachdem das AG zuvor ein Schmerzensgeld in Höhe von 200 Euro zugesprochen hatte.

Tatbestand:

Die Kl. hatte an einem Nachmittag Anfang Oktober 2014 aufgrund einer Verspätung ihres Fernverkehrszugs ihren Anschlusszug in K. verpasst und war deshalb auf eine zweistündige Weiterfahrt mit der Regionalbahn durch eine touristisch gut erschlossene Region angewiesen. Die einzige Toilette in der Regionalbahn war defekt. Schon in K. hatte die Kl. einen leichten Harndrang verspürt, der sich im Laufe der Fahrt zum Zielbahnhof stets verstärkte. Die Kl. gab selbst an, zahlreiche Fahrgäste hätten ihre Fahrt unterbrochen, um eine Toilette aufzusuchen. Sie selbst empfand dies „im Dunkeln“ aber als unzumutbar, weil die Bahnhofsgebäude der Unterwegshaltepunkte alle geschlossen gewesen seien und die Wartezeit bis zum nächsten Zug eine Stunde betragen habe.

Nach der Ankunft der Regionalbahn verlor die Kl. auf dem Bahnsteig die Kontrolle über ihre Blase. Für die ihr dadurch entstandene entwürdigende Situation in der Öffentlichkeit sowie die während der Fahrt erlittenen Schmerzen verlangte sie Schmerzensgeld.

Aus den Gründen:

Das LG hat zur Begründung der Klageabweisung u.a. ausgeführt, dass der Kl. ein Aussteigen unterwegs zumutbar gewesen wäre. Entlang der gefahrenen Strecke gebe es 30 Unterwegshalte. Die touristisch gut erschlossene Region biete zahlreiche Möglichkeiten, eine Toilette aufzusuchen, auch wenn die Bahnhöfe geschlossen seien, so zum Beispiel in den vielfach vorhandenen Gastronomiebetrieben. Zudem habe sie selbst dazu beigetragen, ohne unmittelbar erreichbare Toilette unterwegs zu sein, weil sie sich vor Zustieg in die Bahn nicht darüber informierte, ob das WC funktionsfähig sei, obwohl sie bereits am Einsteigebahnhof Harndrang verspürte.

Die Kl. hätte auch keineswegs eine Stunde auf den nächsten Zug warten müssen, sondern – je nach gewähltem Bahnhof – nur zwischen 10 und 30 min. Angesichts der relativ geringen Reisezeitverkürzung, die die Kl. auch beim Zugbegleiter hätte erfragen können, der keineswegs abgelegenen oder einsamen Lage der Bahnhöfe sowie der Tages- und Jahreszeit (der Einbruch der Dunkelheit habe erkennbar noch ferngelegen) sei es der Kl. daher zumutbar gewesen, ihre Fahrt zu unterbrechen. Die möglichen Folgen einer Weiterfahrt trotz starken Harndrangs seien ihr auch erkennbar gewesen. Auch weitere mögliche Unzumutbarkeitsgründe wie hohes Alter oder großes Gepäck konnte die Kl. nicht vortragen.

Angesichts dieser ganz überwiegenden Mitverantwortlichkeit hat das LG die Klage abgewiesen.

LG Trier, Urteil vom 19. 2. 2016 (1 S 131/15)

(abgedr. in VersR 2016, 1448)